20 Jahre Münchner Jakobsweg

Pilgern auf uralten Spuren

Seit 20 Jahren gibt es den Münchner Jakobsweg. Zu verdanken ist das dem Ehepaar Hanna. Die Jakobsweg-Liebhaber haben sich die Route erschlossen.

Blick über den Schwaigsee zwischen Rottenbuch und Wildsteig © Hanna

"Wir haben bis Mitte der neunziger Jahre überhaupt nichts vom Jakobsweg gewusst – aber wir sind immer gerne wandern gegangen!“, sagt Monika Hanna und lächelt. Ihre Schwester brachte ihr dann ein Heft von einer Busreise nach Santiago de Compostela mit und beschrieb begeistert die Pilgerwege dort. Monika Hannas Mann, Reinhold, war zuerst komplett abgeschreckt: Wandern im glutheißen Spanien, immer in der Ebene, kam dem bayerischen Bergwanderer wenig verlockend vor. Bald aber stellte Reinhold Hanna fest, dass die Pilger im Mittelalter immer von zu Hause aus nach Santiago aufgebrochen waren, das gab den Ausschlag.

Ankunft in Santiago unvergesslich

Zwei Monate später fanden sich die Hannas auf dem Camino wieder. Gestartet waren sie in ihrer Heimatstadt München. In den darauffolgenden fünf Jahren legten sie die Strecke zum Grab des Apostels Jakobus zurück, meist in einer Frühjahrs- und in einer Herbstetappe. Den Moment der Ankunft in Santiago nach langen, anstrengenden Wandertagen hat Monika Hanna bis heute nicht vergessen: „Man kann es nicht beschreiben, es kommt wie ein Blitz über einen!“ Unterwegs war sich das Ehepaar sicher, dass der heilige Jakobus seine schützende Hand über die beiden Pilger hielt: Wenn sie dringend etwas zu essen brauchten und jemand am Weg Brot hinterlassen hatte. Oder wenn sie mit schmerzenden Füßen auf eine Unterkunft hofften und jemand fanden, der ihnen für eine Nacht ein Zimmer anbot. Immer gab es Menschen, die ihnen halfen: Menschen, die mit ihnen auf dem Camino pilgerten, oder auch gute Geister in den Ortschaften, durch die sie mit ihren Rucksäcken zogen.

Nähe zu Gott erfahren

Den gläubigen Wanderern prägten sich die Erlebnisse auf dem Weg nach Spanien tief ein: Beide hatten das Gefühl, etwas zurückgeben zu müssen, um noch mehr Menschen für den Weg nach Santiago zu begeistern. „Die Nähe zu Gott habe ich eigentlich erst auf diesem Weg so richtig erfahren dürfen!“, sagt Reinhold Hanna.

Beiden war aufgefallen, dass der Pilgerweg ab der Schweizer Grenze bis zum Grabmal des Heiligen durchgehend ausgeschildert war. Bis zum Bodensee aber waren die Hannas auf sich allein gestellt gewesen, mussten sich den Weg aus der Landeshauptstadt nach Südwesten selbst suchen. Die beiden Münchner nahmen das als Zeichen, umfassende Recherche zu betreiben – schließlich mussten die Pilger vor Jahrhunderten auch irgendwie ihren Weg durch Bayern bis zur Schweizer Grenze gefunden haben.

"Angerkloster" historischer Startpunkt

Eher zufällig lernte das Ehepaar weitere Pilger kennen, die das Defizit ebenfalls erkannt hatten. Zusammen kam man überein, nach alten Quellen zu suchen, die Licht in das Dunkel möglicher Routen bringen sollten. Viel war darüber auch in der Bayerischen Staatsbibliothek nicht zu finden, aber schon bald war klar, dass die Klöster auf dem Weg Richtung Bodensee wichtige Etappen des Jakobsweges waren. Angefangen beim Kloster St. Jakob am Anger, dem „Angerkloster“ in München. Schon im 13. Jahrhundert stand hier ein Kloster nebst Kapelle, in dem Franziskanerbrüder Pilger versorgten und beherbergten. Ein historischer Startpunkt für den geplanten Pilgerweg war also gefunden.

Ziel aller Bemühungen war es, ein funktionierendes Leitsystem mit zuverlässiger Beschilderung für die Pilger zur Verfügung zu stellen. Hilfe kam vom Landwirtschaftsamt in Fürstenfeldbruck, auch der damalige Landtagsabgeordnete und oberbayerische CSU-Chef Alois Glück und der Münchner Kardinal Friedrich Wetter boten ihre Unterstützung an. Aber weder Glück noch Wetter mussten helfend eingreifen, die Unterstützung durch die Ortspfarrer und die Bürgermeister entlang des Wegs habe „wunderbar funktioniert“, freut sich Reinhold Hanna noch heute.

In Eigeninitiative Schilder angebracht

Der Anfang war bescheiden: Die fünf Initiatoren des Projekts besorgten die Schilder auf eigene Kosten. Ziemlich schnell sprangen dann die Gemeinden auf und sorgten für die Finanzierung. Die Ausstattung mit den Wegweisern übernahmen aber – zumindest teilweise – bis zuletzt die Ideengeber: „Wir haben am Tag vor der Einweihung noch die letzten Schilder am Münchner Tierpark angebracht“, erklärt Reinhold Hanna. Überhaupt war die Landeshauptstadt für das Jakobsweg-Projekt eher problematisch: Denn Wanderschilder dürfen in München nach einem Stadtratsbeschluss nicht aufgehängt werden. Gleichzeitig wurde signalisiert, dass man mit dem Thema eher großzügig umgehen würde. Im Tal, gleich beim Marienplatz, steht der erste Wegweiser auf dem Münchner Jakobsweg, den es heuer 20 Jahre gibt.

In eineinhalb Jahren war die gesamte Strecke bis zum Bodensee mit Schildern versehen worden, es hatte so gut wie keine Verzögerungen gegeben. „Das ist schon fast wieder ein Jakobswunder“, erklärt Monika Hanna. Der Zuspruch war so groß, dass mancher Bürgermeister mit den Hannas im Privatauto die Strecke in seinem Gemeindegebiet abfuhr und eigenhändig die Hinweisschilder mit der bekannten Jakobsmuschel anbrachte.

Spannende Begegnungen auf dem Jakobsweg

Das Ehepaar Hanna macht weiterhin Werbung für „seinen“ Münchner Jakobsweg. Weil die beiden Eheleute festgestellt haben, dass jeder Pilger seine eigene Geschichte auf diesem Weg mitträgt. „Und jeder ist ,gezwungen‘ – ein hartes Wort –, über sich nachzudenken. Man läuft so vor sich hin und kommt zur Ruhe“, erklärt Reinhold Hanna die Faszination des Jakobswegs. Wer das einmal erlebt habe, komme eigentlich nicht mehr davon los. Außerdem hätten unglaublich spannende Begegnungen die endlosen Kilometer nach Santiago oft recht kurzweilig werden lassen: ob das die Bekanntschaft mit dem Chef der korsischen Regionalregierung gewesen sei oder mit dem Leiter der niederländischen Notenbank, schmunzelt Reinhold Hanna. Aber im Prinzip seien auf dem Camino alle gleich: der einfache Handwerker oder der medienbekannte Politiker, ergänzt Monika Hanna. „Auf diesem Weg ist nur wichtig: Schaffe ich die heutige Strecke? Wem werde ich heute begegnen? Kriege ich ein Quartier für die Nacht? – Und das ist bei allen gleich!“

 

Feier zum 20. Geburtstag

Wer von München aus den Jakobsweg startet, wird im Angerkloster von den Armen Schulschwestern ausgesandt, die seit 1843 das Kloster mit Leben erfüllen. Jährlich machen sich von hier aus etwa 1.500 Pilger auf den Weg. Am Jubiläumstag soll hier der vergangenen 20 Jahre Münchner Jakobsweg gedacht werden: Damals bei der Einweihung hielt Abt Odilo Lechner die Festmesse, heuer haben die Hannas bei seinem Nachfolger Abt Johannes Eckert angefragt. Der Chef des Klosters St. Bonifaz in München und Andechs sagte sofort zu, den Festgottesdienst Samstag, 29. Juli, um 9 Uhr, zu feiern. Danach werden die Armen Schulschwestern wieder Pilger aussenden, die den Pilgergeleitbrief mitbekommen. Am Jubiläumstag gehen die Hannas mit vielen Begleitern die erste Etappe des Münchner Jakobswegs bis nach Pullach, das sind etwa 15 Kilometer. Dort wollen die Wanderer in der evangelischen Kirche eine Abschlussandacht abhalten: ein Pilgertag, wie er auch auf dem „großen“ Camino zum Grab des heiligen Apostels Jakobus in Santiago stattfinden könnte.

Münchner Jakobsweg


Die Route beginnt in der Münchner Innenstadt und führt über das Allgäu auf knapp 300 Kilometern bis nach Bregenz oder Lindau am Bodensee. Stationen auf dem Weg sind unter anderem Andechs, Rottenbuch, Marktoberdorf und Kempten. Empfohlen werden dem Pilger 11 bis 15 Tagesetappen.

Seit der Eröffnung im Jahr 2003 ist der Münchner Jakobsweg durchgehend mit Schildern gekennzeichnet, die eine gelbe Muschel auf blauem Grund zeigen. Der Pilgerpass ist hauptsächlich in Spanien notwendig, um in Herbergen übernachten zu können. Auf dem Münchner Jakobsweg ist er nicht zwingend; Pilger können sich aber von jeder Unterkunft einen Stempel in den Ausweis eintragen lassen, auch in Kirchen und Klöstern ist das möglich.

Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
w.witte@michaelsbund.de

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