Alternative zum Jakobweg

Auf den Spuren des Heiligen Olavs pilgern

Abseits des Pilgerbooms nach Santiago de Compostela entdecken Wanderer auch die Olavswege in Skandinavien. Der bekannteste führt von Norwegens Hauptstadt Oslo nach Trondheim - mit atemberaubenden Naturerlebnisse.

Der Olavsweg bietet viel Natur und Kultur. © Piotr - adobe.adobe.com

"Dieser Weg will wirklich erarbeitet werden", sagt Tim bei der ersten Rast auf 1.000 Metern Höhe oberhalb der Baumgrenze. Vor ihm ersteckt sich das Hochplateau des Dovrefjells in Nebelschwaden; und beim Blick zurück lässt die Morgensonne das gut 200 Kilometer lange Gudbrandstal in saftigem Grün schimmern. Der Student aus Hamburg, der schon in Santiago de Compostela zu Fuß ankam, ist begeistert: "Landschaftlich ist es hier einfach unglaublich!"

Gepäck muss wohlüberlegt sein

Es sind die Gesetze der Natur, durch die der Weg mit einem spricht: Gut zehn Kilometer Höhenunterschied wollen unterwegs überwunden werden. Und auch im Sommer ist das Wetter in Skandinavien bisweilen eine launische Diva. Nicht selten gehören schon ab September Schneefelder zu den Wegmarken auf dem Dovrefjell. Sonne und Wolken, Wind und Regen wechseln häufig - gerne auch binnen einer Tagesetappe.
Nicht leicht, den Wanderrucksack allen Bedingungen anzupassen. Hier kommt nur vorwärts, wer Verbindung zur Natur sucht.

Verwirrung gleich am Anfang - denn es gibt zwei Wege aus Oslo heraus.
Beide Strecken sind zu Beginn nicht gerade charmant. Doch spätestens am Mjosa-See taucht der Pilger in Skandinaviens faszinierende Landschaften ein: sanfte Hügel mit bewirtschafteten Hängen, Pfade durch dichte Wälder entlang der Ufer. Historische Gehöfte, die bis heute bewirtschaftet werden, bieten Herberge.

Magie auf dem Pilgerweg ist spürbar

"Wir glauben nicht an eine katholische oder protestantische Kirche - aber hier auf diesem Weg spüren wir unglaubliche Magie", sagt Lula, während sie die unterwegs gesammelten Pfifferlinge in der Küche der Herberge putzt. Immer wieder hätten sie angehalten, um gemeinsam zu meditieren, erzählt ihr Lebenspartner Christian. Der Pilgerweg verströme eine positive emotionale Kraft.

Die beiden Senioren aus Trondheim sind ein erfahrenes Pilgerduo.
Unterschiedlichste Jakobswege liegen hinter ihnen; auch der Franziskusweg. Von Canterbury aus haben sie sich nach Rom aufgemacht.
Nun pilgern sie faktisch nach Hause. Lula ist überzeugt: "Nirgends waren wir der Natur so nah wie hier vor der eigenen Haustür." Erst Corona habe sie dazu gebracht, im eigenen Land auf die Suche zu gehen. Zuletzt waren ja Auslandsreisen nur schwer möglich. Auch die Gastgeber in den Herbergen nehmen Norwegisch nun als die meistgesprochene Sprache ihrer Gäste wahr.

Renaissance des Pilgerns

Seit 1982 Papst Johannes Paul II. und der Europarat 1987 zu einer Wiederbelebung der Jakobswege aufriefen, hat überall auf dem ganzen Kontinent eine Renaissance des Pilgerns eingesetzt. 1997 wurden auch die Olavswege wiederbelebt. Der bekannteste ist die 643 Kilometer lange Strecke von Oslo durch das malerische Gundbrandsdal - der "Gundbrandsdalsleden". Die Zahlen sind mit knapp 2.000 Langstreckenpilgern weit entfernt von den rund 300.000 Jakobspilgern pro Jahr. Wer sich auf den Weg macht, muss also gut mit sich allein auskommen können.

Das Herbergssystem entlang der Strecke ist im charmantesten Sinne zusammengeflickt; bunte Vielfalt erwartet die Wanderer auf rund 30 Tagesetappen. Von Hotels, die ungefragt den Preis reduzieren - "sie sind doch Pilger, oder?" - über alte Gesindehäuser, Wanderheime, Campingplätze, Matratzenlager im Konfirmandensaal oder im Museum bis hin zu unbewirtschafteten Block- oder Schutzhütten: Alles ist geboten. Selbst in manchem restaurierten Stall können Müde Haupt und Knochen betten.

Pilgerweg bietet kulturelle Schätze

Ungewohnt für Pilger, eher üblich für evangelische Regionen: Die meisten Kirchengebäude unterwegs sind verschlossen. Norwegen ist protestantisch geprägt, und Pilgern war nach der Reformation 1537 faktisch verboten. Seit der Wiederbelebung ist man aber sehr aktiv, betreibt selbst Herbergen und hat mehrere Pilgerseelsorger. Meist lässt sich mit etwas Recherche auf der offiziellen Pilgerseite auch jemand finden, der einem die Türen zu wunderschönen Holzkirchen öffnet.

In den Sommermonaten geöffnet ist die ohne Nägel gebaute Stabkirche in Ringebu, entstanden um 1220. Ausgrabungen weisen gar auf einen Vorgängerbau aus der Zeit des heiligen Olav hin. Bei gutem Wetter ist ein Abendspaziergang über den Kirchhof unvergesslich; ein Erlebnis in allen Farben.

Dovrefiell bietet Begegnung mit Gott

Das vielleicht schönste Altarbild des gesamten Weges findet sich indes beim Abstieg vom Dovrefjell: in der unscheinbaren Michaelskapelle, mitten auf der Weide zwischen friedlich grasenden Kühen. Von den Steinstufen blickt man durch eine riesige Glasscheibe auf die Täler und Hügel der Region Trondelag - der abschließenden Woche des Pilgerwegs.

Zuvor, auf dem Hochplateau, warten die wohl schwierigsten Etappen des Weges. Die rund 80 Kilometer führen durch eine einsame karge Höhenlandschaft, meist oberhalb der Baumgrenze. Wer Ruhe sucht, wird sie hier finden. Wer Herberge sucht, muss gut planen. Denn außer wenigen Pilgerhotels ("Fjellstue") und Safari-Camps findet sich hier kaum ein Dach für die vier Abende der Etappen. Gerade diese Abgeschiedenheit wurde für Pilger Jörg zum Highlight seiner Tour:
"Wenn man will, kann man auf dem Jakobsweg immer mit anderen Menschen sprechen. Auf dem Dovrefjell bleibt eigentlich nur das Gespräch mit Gott, dem Wind und sich selbst."

Besuch der nördlichsten Kathedrale der Welt möglich

Schon gut eine Stunde, bevor man nach rund 640 Kilometern sein Ziel erreicht, ist durch die Gärten von Trondheims hügeligen Randbezirken der spitze Vierungsturm des prächtigen Nidaros-Doms zu sehen. Die nördlichste Kathedrale der Welt wurde ab 1070 über dem Grab des heiligen Olav erbaut und seither immer wieder umgestaltet.

Sehr neu und modern ist die kleine katholische Schwesterkirche in direkter Nachbarschaft. Die internationale Gemeinde wächst seit Jahren beständig; seit 2016 finden die Gottesdienstbesucher endlich Platz in Trondheims neuer Kathedrale Sankt Olav.

Nidaros-Dom bietet spektakuläres Lichtkonzept

Nur einige Schritte weiter, am Ziel, verschlägt es den Wandersleuten dann ein letztes Mal die Sprache. Der Innenraum des Nidaros-Doms ist seit 2020 mit einem neuen, spektakulären Lichtkonzept in Szene gesetzt. Warmweißes Licht erhellt die Vorderseiten der Streben und Gewölbe, während aus den Galerien ein kühler Blauton der Architektur eine einzigartige Tiefe verleiht: ankommen, hinsetzen, staunen. Dieser Weg hat sich gelohnt. (kna)

 

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