Interview mit Reiseleiterin Susanne Schwarzenböck

So hält Pilgern seelisch und körperlich gesund

Als präventative Selbstfürsorge bezeichnet Reiseleiterin Susanne Schwarzenböck das Pilgern. Auf ihren Reisen gibt sie jedem Pilger Raum, eigene Erfahrungen zu sammeln.

Pilgern ist nach wie vor "in": Wer pilgert, hat meist einen besonderen Anlass. © by-studio - stock.adobe.com

mk online: Nicht nur auf dem Jakobsweg ist Pilgern nach wie vor „in“. Welche spirituellen Erfahrungen ermöglicht es, die auf andere Weise nicht möglich sind?

Susanne Schwarzenböck: Menschen, die sich auf Pilgerschaft machen, haben meist einen besonderen Anlass dafür. Das ist nicht nur heute so, sondern das war schon immer der Ursprung des Pilgerns. Dazu ist es interessant zu wissen, dass im Mittelalter sicher die religiösen Gründe noch eine bedeutendere Rolle gespielt haben, als das vielleicht heute der Fall ist. Viele Menschen haben sich damals aufgemacht, um eine wirkliche Bußwallfahrt zu machen, ein Gelübde zu erfüllen oder um Genesung für kranke Angehörige zu bitten. In den letzten 20 Jahren, in denen das Pilgern sicher wieder sehr in den öffentlichen Fokus gerückt ist, pilgern viele Menschen sowohl aus religiösen Gründen, etwa um einen besonderen Dank an einen Pilgerort zu bringen, als auch aus ganz persönlichen und individuellen Gründen, um eine Zäsur zu setzen, weil zum Beispiel eine private oder berufliche Veränderung auftrifft. Besondere spirituelle Erfahrungen macht man als Pilger oder Pilgerin in unserer heutigen schnelllebigen Zeit vor allem durch die Entschleunigung, die Ruhe und das Eintauchen in die Natur. Jeden Tag setzt man einen Fuß vor den anderen, das oft Tage oder Wochen hintereinander. So kommt im Gehen der Geist zur Ruhe und da können dann für jeden in einer anderen Form spirituelle Erfahrungen möglich werden.

Vor welchen Herausforderungen stehen traditionelle Wallfahrtsorte? Wie kann es ihnen gelingen, an den Pilger-Hype anzuknüpfen?

Schwarzenböck: Die traditionellen Wallfahrtsorte profitieren sicher jetzt schon auf die ein oder andere Art von dem Pilger-Hype, da sie ja Zielorte sind. Ich denke, es ist besonders wichtig, eine Art „Ankommens- oder Empfangskultur“ zu etablieren. Egal, wie lange man unterwegs war und wie viele Kilometer oder Etappen man zurückgelegt hat, das Ankommen ist schon ein sehr wichtiger Aspekt, auch wenn wir oft den Satz benutzen: „Der Weg ist das Ziel.“ Aber der Weg allein wäre eben nicht das Ziel, ohne an einem Wallfahrtsort anzukommen. In meinen Augen kann es einen Wallfahrtsort nur stärken, wenn sich die Verantwortlichen darüber Gedanken machen, welche attraktiven Angebote sie vor Ort für die ankommenden Pilger machen und wie sie diese auch seelsorgerisch und spirituell aufnehmen.

Zur Person


Susanne Schwarzenböck ist Pilgerbegleiterin und seit 1998 Reiseleiterin beim Bayerischen Pilgerbüro. Sie hat die erste Fachtagung "Wallfahrt und Pilgerin" im Erzbistum München und Freising mit organisiert.

Welche neuen Angebote gibt es für Wallfahrer und Pilger in der Erzdiözese? Welche sollen in Zukunft entstehen?

Schwarzenböck: Bei unserer ersten Fachtagung „Wallfahrt und Pilgern“, die die Abteilung Spiritualität im Auftrag von Kardinal Reinhard Marx im Januar organisierte, haben wir feststellen dürfen, dass es wirklich schon sehr viele und ganz verschiedene Angebote, eigentlich für jeden suchenden Menschen, in der Erzdiözese München und Freising gibt. Da sind sehr bekannte Orte darunter wie zum Beispiel Birkenstein, ein Wallfahrtsort, der in meiner Nähe liegt und mir von Kindesbeinen an vertraut ist, aber auch viele kleinere, etwas unbekanntere Wallfahrtsorte, die zum Teil von Ehrenamtlichen liebevoll betreut werden. Was bei der Tagung auf alle Fälle zur Sprache gekommen ist, war, wie man die neuen Angebote, die jetzt nach diesem Austausch erarbeitet werden, sinnvoll vernetzen kann und auch in den sozialen Medien effektiv präsentiert. Da in den letzten Jahren auch viele Menschen die Ausbildung zum Pilgerbegleiter beziehungsweise zur Pilgerbegleiterin gemacht haben, ging es bei der Tagung auch darum, ein Netzwerk dieser Personen aufzubauen, denn nach der Corona-Zeit ist schon ein sehr großer Bedarf vorhanden. Viele Menschen sind seelisch etwas „ausgehungert“ und wirklich auf der Suche nach spiritueller Kraft. Es wird ganz wichtig sein, die Menschen, die Begleitung suchen, und diejenigen, die professionelle Begleitung und Unterstützung anbieten, zusammenzubringen.

Was gibt Ihnen persönlich das Pilgern? Ist man nach einer Pilgerreise ein anderer Mensch als davor?

Schwarzenböck: Ganz persönlich gesagt, Pilgern ist für mich schon ein Stück Lebensinhalt. Erstens bin ich sehr gerne auch alleine in der Natur unterwegs und genieße dort die Ruhe und Stille. Das gleichmäßige Gehen bringt meine Gedanken wieder in eine gewisse Ordnung und ein innerer Friede breitet sich aus. Das Bewusstsein, mit Gott unterwegs sein zu dürfen, gibt sehr viel Zuversicht, Kraft und Mut. Ich denke, ein klein wenig verändert kommt man schon von einer Pilgerreise zurück. Es ist ja heutzutage schon ein Luxus, sich vielleicht für zwei oder drei Wochen komplett aus dem Alltag und allen Verpflichtungen herausnehmen zu dürfen, und da bleibt schon etwas hängen, vielleicht sogar mehr im Unterbewussten, als man wahrnimmt.

Wie möchten Sie auch Ihren Kursteilnehmern/-innen solche Pilger-Erfahrungen ermöglichen?

Schwarzenböck: Zunächst ist es mir sehr wichtig, alle, die ich in meinen Gruppen begleite, als Mensch ernst zu nehmen. Jeder und jede bringt ja seine eigenen Lebenserfahrungen, seine kleineren oder größere Päckchen mit. Für mich steht dabei die Freiheit jeder einzelnen Person oder besser gesagt Persönlichkeit im Vordergrund und dazu gehört es auch, die individuellen Bedürfnisse ernst zu nehmen. Dass das Gehen im Schweigen eine ganz wunderbare Erfahrung sein kann, können sich viele am Anfang gar nicht vorstellen. Bei mir gibt es am Morgen meist einen Impuls in Form einer Karte mit einem Spruch darauf und dann kann sich jeder auf seinem speziellen Weg und in seinem eigenen Tempo mehr oder weniger darauf einlassen. Es ist manchmal so, dass sich Paare oder kleinere Gruppen bilden, die dann die ein oder andere Etappe, sei es im Schweigen, sei es im Gespräch zusammen zurücklegen. Wer den ganzen Weg für sich alleine gehen will, hat dazu ebenso die Möglichkeit. So gebe ich einen weiten Rahmen vor, in dem jeder Mensch für sich seine ganz eigenen Erfahrungen sammeln darf. So machen viele die schon fast vergessene Erfahrung, dass sie wieder mehr Vertrauen in ihre eigenen Stärken entwickeln, sich dadurch selbstsicherer fühlen und lernen, wieder mehr auf sich und die eigenen Bedürfnisse zu achten. Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt, wenn es um das Thema seelische und körperliche Gesundheit geht. Kurz zusammengefasst: Pilgern bedeutet für mich präventive Selbstfürsorge. (Das Interview führte Karin Hammermaier, Redakteurin bei der Münchner Kirchenzeitung)

Wenn Sie gerne mit Susanne Schwarzenböck unterwegs sein möchten, sind bei diesen Reisen noch Plätze verfügbar: Waalwege rund um Meran – Meditative Wanderungen in der Karwoche von Samstag, 1., bis Gründonnerstag, 6. April.
Wander- und Wellnessparadies Ischia – Erholung für Körper und Seele von Samstag, 13., bis Samstag, 20. Mai.
Priesterreise nach Island – Begegnungsreise in Zusammenarbeit mit dem Bonifatiuswerk von Mittwoch, 12., bis Dienstag, 18. Juli. Anmeldung: www.pilgerreisen.de

Die Autorin
Karin Hammermaier
Münchner Kirchenzeitung
k.hammermaier@michaelsbund.de

Münchner Kirchenradio

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