Pöcking

Ehrung für einen Münchner Weihbischof zurückgenommen

Den Weihbischof-Defregger-Weg wird es in Zukunft am Starnberger See nicht mehr geben. mk online sprach mit dem Pöckinger Bürgermeister, Rainer Schnitzler, über die Entscheidung.

Weihbischof Matthias Defregger © KNA

Matthias Defregger war Weihbischof in München. Als Offizier im Zweiten Weltkrieg führte er den Befehl für eine Vergeltungsaktion im italienischen Filetto di Camerda aus, bei der unbeteiligte Zivilisten erschossen wurden. An seinem Wohnort am Starnberger See erhält nun (25. Mai) ein nach ihm benannter Weg einen neuen Namen. mk online sprach darüber mit dem Pöckinger Bürgermeister Rainer Schnitzler.

 

mk online: Es ist üblich, Straßen nach verdienten Persönlichkeiten zu benennen. Umso mehr Aufsehen erregt es, wenn eine solche Ehrung zurückgenommen wird. In Pöcking ist das nun beim Weihbischof-Defregger-Weg der Fall, warum?

Rainer Schnitzler: Zum 25. Todestag des Weihbischofs sind wir durch einen Bericht der Katholischen Nachrichtenagentur wieder auf die Namensgebung dieses Weges aufmerksam geworden. Mir ist die Geschichte meines Heimatortes sehr wichtig, gerade was die Zeit des Nationalsozialismus betrifft. Deshalb habe ich die Geschichte von der Augsburger Geschichtsprofessorin Marita Krauss nachrecherchieren lassen, um im Gemeinderat zu diskutieren, wie wir mit diesem Straßennamen umgehen. Herausgekommen ist die Umbenennung.

Warum ist es denn überhaupt zu dieser Ehrung für den 1995 verstorbenen Münchner Weihbischof gekommen? Defreggers Verstrickung in die Geiselerschießung ist seit den 1960er Jahren bekannt. Es gab Prozesse gegen ihn, die eingestellt wurden, und das Medienecho war groß.

Schnitzer: Als die Ehrung nach seinem Tod vorgenommen wurde, war ich noch nicht in der Politik. Allerdings habe ich Weihbischof Defregger als Ministrant oft erlebt. Er war eine charismatische Figur, ein sehr guter Prediger, bei dem ich sogar als Kind aufgepasst habe, weil seine Predigten nicht langweilig waren. Im Ort war er durch seine umgängliche und sympathische Art sehr beliebt, die Ehrung des hochrangigen Geistlichen lag nahe. Von meinen Eltern habe ich damals auch von den Erschießungen und seiner Rolle dabei gehört. Damals sind die Menschen aber mit solchen Fällen anders umgegangen, viele ehemalige Wehrmachtssoldaten lebten noch. Mittlerweile sehen wir diese Verbrechen anders, sie werden auch juristisch anders bewertet als vor 50 Jahren.

Der Weg wird nun Filetto-Weg heißen. Wie stark war das denn innerhalb der Gemeinde umstritten?

Schnitzler: Wir haben Filetto im vergangenen Jahr mit einer Delegation aus Pöcking besucht. Für mich waren diese drei Tage eine der stärksten emotionalen Erfahrungen, die ich jemals gemacht habe. Wir haben Menschen getroffen, die ohne Väter aufwachsen mussten, weil die 1944 umgebracht worden waren. Trotzdem sind diese Menschen von einem Geist der Versöhnung geprägt, haben uns herzlich und sogar dankbar empfangen. Über diese Reise haben wir die Pöckinger Bürger umfassend informiert, auf einer eigenen Veranstaltung und im Gemeindeboten. Überwiegend war die Reaktion darauf positiv, auch auf die Initiative, den Weg umzubenennen. Natürlich gibt es Ausnahmen bei Menschen, die Weihbischof Defregger besonders verbunden waren, für die ich auch Verständnis habe.

Welche Bedeutung hat diese Umbenennung für Sie als Bürgermeister und auch für die Gemeinde Pöcking?

Schnitzler: Persönlich finde ich es wichtig, sich der Geschichte zu stellen und Konsequenzen daraus zu ziehen. Es geht nicht darum, Weihbischof Defregger jetzt nur in ein schlechtes Licht zu stellen. In einer Erinnerungstafel neben dem neuen Straßenschild erklären wir sinngemäß: egal wie Vorgaben und Befehle sind, wie schrecklich und außerordentlich die Umstände – der Einzelne hat Verantwortung und oft auch Spielräume, die er nutzen könnte. Daran wollen wir in Pöcking künftige Generationen erinnern. Aktuell erleben wir ja die Kriegsverbrechen in der Ukraine, und dass hier wieder „nur Befehle von oben“ ausgeführt werden.

Ist mit der Umbenennung nun die Angelegenheit erledigt, den historischen Ereignissen Genüge getan?

Schnitzler: Durch den Besuch im vergangenen Jahr hat sich eine Beziehung zu den Menschen in Filetto aufgebaut. Wir haben sie eingeladen, im Juli zu uns nach Pöcking zu kommen, um den Kontakt zu vertiefen. Auch der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx wird die Gäste empfangen. Wie es danach weitergeht, wird sich ergeben.  (Das Interview führte Alois Bierl, Chefreporter beim Sankt Michaelsbund)

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