Jahresrückblick

So war das Jahr 2022 für die katholische Kirche in Deutschland

In diesem Jahr sank die Zahl der Christen in Deutschland erstmals unter 50 Prozent - ein Meilenstein in der Geschichte. Auch kleine Reformbestrebungen helfen nicht mehr gegen Mutlosigkeit und schwindende Geduld in den Kirchengemeinden.

Laut der aktuellem Kirchenstatostik besuchen nur noch vier Prozent der Katholiken regelmäßig den Gottesdienst. © IMAGO / Norbert Neetz

Es ist keine Übertreibung, von einem Meilenstein in der Geschichte Deutschlands zu sprechen: Erstmals gehören weniger als die Hälfte der Deutschen einer der großen Kirchen an. Noch 21,6 Millionen sind katholisch. Vom Ende der "Volkskirche" ist die Rede.  Insbesondere für die katholische Kirche zeigen die Statistiken in die negative Richtung. Der Massenexodus verläuft ungebremst: 2021 kehrten 359.338 Katholikinnen und Katholiken ihrer Kirche den Rücken; ein Höchstwert. Der Anteil der Gottesdienstbesucher ist auf vier Prozent gesunken. Dazu kommen die Auswirkungen des demografischen Wandels. Die Zahl der Taufen und Neueintritte liegt in beiden Kirchen deutlich unter der Zahl der Beerdigungen.

Gesellschaftlicher Einfluss der Kirche schwindet

Vieles deutet darauf hin, dass auch der gesellschaftliche Einfluss der Kirchen schwindet. Beim Katholikentag im Mai in Stuttgart waren zwar Bundespräsident und Bundeskanzler dabei, doch die Kabinettsriege war, anders als sonst, dünn vertreten. Aus der Union fehlte fast jede Prominenz. Und beim traditionellen Michaelsempfang der Bischofskonferenz in der Hauptstadt im Oktober fiel vor allem eines auf: das Fehlen von Spitzenvertretern aus der Politik.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, empfindet die Entwicklung als dramatisch. 360.000 Menschen hätten für sich persönlich die Kirche als Institution abgewählt, sagt der Limburger Bischof: "Das schmerzt und lastet innerlich sehr auf mir." Bätzing wirbt zugleich um neues Vertrauen: Es lohne weiterhin, Mitglied der Kirche zu sein, sagt er und verweist auf die vielen engagierten Christen, die sich in Verbänden, Caritas und weiteren Initiativen für andere Menschen und den Zusammenhalt der Gesellschaft einsetzten.

Situation in Erzbistum Köln überschattet andere Kirchenskandale

Wie Blei lastete die ungeklärte Situation im Erzbistum Köln auf der Kirche. Immer neue Brandherde werden entdeckt: etwa die Frage, ob Kardinal Rainer Maria Woelki Vergehen ihm nahe stehender Priester nicht sanktioniert hat; Enthüllungen zu PR-Strategien des Erzbistums; der Streit um die kostspielige Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT). Bischof Bätzing bezeichnete die Situation für das Erzbistum und den Kardinal selbst als "zunehmend unerträglich".

Die Frage, wie Papst Franziskus mit Woelkis Rücktrittsangebot umgeht, überdeckt längst die übrigen Aufreger-Themen der vergangenen Monate: Da gab es Missbrauchsgutachten in Münster, Trier und Osnabrück; da geriet im Februar beim Missbrauchsgutachten der Erzdiözese München-Freising auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. in den Fokus. Joseph Ratzinger stritt im Kern jede Verantwortung dafür ab, dass ein des Missbrauchs beschuldigter Priester erneut in der Seelsorge eingesetzt wurde. Zugleich musste der Emeritus nachträglich seine Aussage korrigieren, wonach er bei einer entscheidenden Sitzung nicht dabei gewesen sei.

Überschaubarer Erfolg: Reform des Arbeitsrechts

Bei all dem drängt sich der Eindruck auf, dass in der Öffentlichkeit angesichts der Missbrauchs-Dauerschleife Ermüdungserscheinungen zu beobachten sind. Dass sich die Aufregung legt, bedeutet dennoch nichts Gutes für die Kirche. Immerhin ist es den Bischöfen gelungen, ihr Arbeitsrecht zu reformieren: In der im November in Würzburg beschlossenen neuen Grundordnung werden insbesondere die Anforderungen an die Lebensführung von Mitarbeitenden zurückgefahren. Künftig soll die private Lebensgestaltung, insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre, keinen Anlass mehr für Entlassungen bieten. Als einzige Kündigungsgründe sollen "kirchenfeindliches Verhalten" und Kirchenaustritt bleiben.

Keine Geduld mehr bei Deutschlands Gottesvolk

Unklar bleibt, ob der deutsche Reformprozess des Synodalen Wegs die Kirche voranbringen kann. Bei der vierten Versammlung im September in Frankfurt wurde deutlich, dass selbst durch die Bischofskonferenz ein Riss geht, weil eine Minderheit ein Papier zur Reform der Sexualmoral ablehnte. Der Passauer Bischof Stefan Oster erklärte, er halte die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bischöfen für "kaum mehr versöhnbar".

Wenig Mut machte der Ad-Limina-Besuch in Rom. Im Vatikan präsentierten die Bischöfe Mitte November ihre Anliegen. Und rannten nach Einschätzung mancher Beobachter vor eine Mauer. Bätzing sprach mit Sorgenfalten von der "Ungeduld des Gottesvolkes". In katholischen Gemeinden und Verbänden sowie an theologischen Fakultäten hätten immer weniger Menschen Verständnis für die Positionen des römischen Lehramts in der Frauenfrage oder in der Sexualmoral. Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp, erklärte nach dem Treffen, ein "geduldiges Gottesvolk" gebe es in Deutschland nicht mehr.

Noch ist offen, wie Papst und Kurie auf die Reformwünsche der unruhigen Herde reagieren. Sollte Rom die Tür für Veränderungen schließen und das ohnehin schmächtige Pflänzchen der Reformhoffnungen vollends vertrocknen lassen, dürfte der Exodus weitergehen. (KNA)

Münchner Kirchenradio

Live
Kita-Radio
Mail ins Studio
Malteser Momente/Treffpunkt KAB/ Reisewarnung
Mail ins Studio
Innehalten mit dem MKR
Mail ins Studio
Vatican-News
Mail ins Studio
Einfach Leben
Mail ins Studio
Kita-Radio
Mail ins Studio
Vatican-News
Mail ins Studio
Innehalten mit dem MKR
Mail ins Studio
MKR – das Magazin
Mail ins Studio
Gottesdienst
Mail ins Studio
Total Sozial
Mail ins Studio
Kita-Radio
Mail ins Studio
Innehalten mit dem MKR
Mail ins Studio
Vatican-News
Mail ins Studio
Malteser Momente/Treffpunkt KAB/ Reisewarnung
Mail ins Studio