Verantwortung und Schutz

Nicht die Augen verschließen vor Missbrauch

Seit über zehn Jahren ist sexueller Missbrauch von Kindern ein Thema, das die katholische Kirche beschäftigt und die öffentliche Diskussion stark bestimmt. Da stehen Täter und Verantwortliche im Mittelpunkt. Die Betroffenen und ihre Verletzungen werden eher am Rand wahrgenommen.

© Johannes Heibel, Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch

Professor Jörg Fegert ist als Therapeut, Forscher und Berater mit dem Thema vertraut. Der Direktor der Klinik für Kinder-und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm war unter anderem Mitglied des Beirats zur von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen MHG-Studie und beteiligt am Präventionskonzept der Erzdiözese München und Freising.

Lange sei der Schutz der Institution Kirche im Vordergrund gestanden, so sein Eindruck. Die verantwortlich Handelnden stünden da in einem Loyalitätskonflikt in dem sie sich „lange, lange falsch entschieden haben, auch inhaltlich“, konstatiert er „denn wenn Kirche nicht für die Schwächsten da ist und für den Schutz der Schwächsten, dann stellt sie insgesamt ihre Prinzipien in Frage.“ Doch er sehe eine Veränderung.

Die Betroffenen haben sich inzwischen vernetzt und werden zunehmend als Experten in eigener Sache gehört. Trotzdem sei es „enorm schwer“ immer wieder auf das Durchlittene hinweisen zu müssen. So zeige Auswertung der Briefe an die erste Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauch der Bundesregierung wie groß die Belastung im Alltagsleben sei, die „wie ein Mühlstein an den Betroffenen hängt“, berichtet Fegert. Studien zu Langzeitfolgen belegen, dass das Risiko einen schlechteren Schulabschluss zu haben, schlechter im Beruf zurechtzukommen, weniger häufig in einer Partnerschaft zu leben oder Kinder zu haben, klar mit Missbrauch in der Kindheit in Zusammenhang steht.

Belastend sei auch die Erinnerung. Viele Betroffene hätten gar nicht die Wahl, sich erinnern zu wollen, berichtet der Experte: „Sie haben Flashback-Erinnerungen, die sich ihnen aufdrängen wie ein Blitzlicht. Sie können das nicht durch Verdrängung wegschieben, allein beim Betreten bestimmter Räume, durch Gerüche holt sie das Ganze wieder ein und da ist es dann wichtig, das anzugehen durch eine Traumatherapie.“

Doch nicht alles sei durch Therapie aufzufangen. Was Jörg Fegert stark bewegt ist die Frage, wie Betroffene, die ja häufig auch Mitglieder der Kirche sind, die Trost und spirituelle und theologische Antworten suchen, mit diesen Bedürfnissen von der Kirche aufgefangen werden können. „Wir können von außen helfen als Therapeuten, aber was das Eigentliche betrifft, da ist Kirche gefragt“.

Innerhalb von Kirchengemeinden ist es nicht einfach, mit einem am Ort bekannt gewordenen Fall umzugehen, das zeigt jüngst ein Beispiel in der Diözese Würzburg. Ein Pfarrer wurde als Täter abgezogen aus seinem Pfarrverband. Doch Pfarreiangehörige starteten eine Petition für den Verbleib des Pfarrers. Bischof Jung musste klarstellen, es sei wohl nicht bei allen angekommen, „dass Missbrauch ein Verbrechen sei, das nicht geduldet werden darf“. Warum gelingt es so schwer, sexuellen Missbrauch als etwas wahrzunehmen, das nicht irgendwo in einer dunklen Sphäre stattfindet, sondern vielleicht in der nächsten Umgebung? Das sei bezeichnend für Näheverhältnisse, erläutert Fegert: „Wenn man jemanden gut kennt, verehrt, schätzt, traut man dieser Person solche schlimmen Handlungen nicht zu und bagatellisiert, was ihr vorgeworfen wird“. Das sei ähnlich auch in Teams in Krankenhäusern: „Es ist ganz schwierig für Leute, die sehr nah am Täter sind.“

Insgesamt sieht der Kinder-und Jugendpsychiater eine gute Entwicklung: „Ich glaube es ist gelungen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sexueller Missbrauch ein ganz schlimme Sache ist, aber wir ignorieren gern das ganze Ausmaß und da müssen wir glaube ich weiter daran arbeiten, unsere Augen zu öffnen“. Viele Betroffene, die über ihre Erfahrungen berichtet haben, haben gefordert: „Was ich vor allem will, ist, dass heutigen Kindern, erspart bleibt, was mir passiert ist.“ Das sei der Auftrag an alle, die Verantwortung tragen, betont Fegert „dass wir Schutzkonzepte haben, dass wir Beschwerdestrukturen haben und den Kindern Gehör schenken, dass wir wirklich wissen wollen: Geht’s den Betroffenen bei uns gut oder nicht?“

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