Benediktinische Spuren in Tokio

Erzabtei St. Ottilien betreut Musikinstitut in Japan

Vor 70 Jahren wurde Franziskanerpater Gereon Goldmann Leiter einer Pfarrei in Tokio. Das Leid der Bevölkerung bewegte ihn und er begann, Lumpen zu sammeln. Inzwischen können junge Menschen hier Kirchenmusik studieren. Unsere Autorin hat das Institut besucht.

Rund 100 Musikstudenten erhalten hier Unterricht, auch an der Orgel. © Aparicio Suarez

Der Vorortzug hält an jeder Milchkanne. Eineinhalb Stunden sind wir vom Hauptbahnhof Tokio in nordwestlicher Richtung unterwegs, bis wir den Bahnhof Higashi Kurume erreichen. Es regnet in Strömen. Wir müssen uns ein wenig gedulden, bis wir ein Taxi finden. Ohne gesprochene Worte können wir uns mit dem Fahrer verständigen. Ich muss ihm nur die Adresse auf meinem Handy zeigen, schon weiß er, wo er hinmuss. Das St. Gregorius-Haus ist bekannt in dieser Gegend. Und unter den Katholiken in Japans Hauptstadt ohnehin. Rund eine halbe Million Katholiken gibt es im ganzen Land. Eine verschwindend kleine Minderheit bei 125 Millionen Einwohnern.

Der Taxifahrer hält vor einem wunderschönen Garten. Im rechten Bereich fällt eine moderne Kirche ins Auge. Links daran angrenzend sind Gebäude mit Büros, Tagungsräumen und Gästezimmern. Am Eingang werde ich von Pater Javier Aparicio Suarez begrüßt. Der 52-jährige gebürtige Spanier ist Missionsprokurator der Erzabtei St. Ottilien. In dieser Funktion ist er rund neun Monate im Jahr in den Ländern unterwegs, in denen sich Klöster der Missionsbenediktiner befinden. Regelmäßig fliegt er auch nach Tokio, denn dem St. Gregorius-Haus ist eine benediktinische Oblatengruppe angeschlossen, die von St. Ottilien betreut wird.

Lumpensammler-Studienstiftung ermöglichte 100 Menschen ein Studium

Das St. Gregorius-Haus wurde 1979 als Institut für Kirchenmusik und Liturgie von dem deutschen Franziskanerpater Gereon Goldmann (1916-2003) aus Fulda begründet. Dieser war 1954 nach Japan gekommen und wurde Leiter der Tokioter Pfarrei St. Elisabeth im Stadtteil Itabashi. Die Armut der Bevölkerung bewegte ihn sehr. Um ein wenig Abhilfe zu schaffen, begann er, Lumpen zu sammeln. Er gründete eine „Lumpensammler-Studienstiftung“. Durch Spendensammlungen ermöglichte er rund 100 Menschen ein Studium sowie den Bau von Sozialwohnungen.

Das St. Gregorius-Haus war Pater Gereon ein besonderes Anliegen. Er leitete es seit seiner Gründung bis zum Jahr 1994, als er Japan aus gesundheitlichen Gründen verlassen musste. Er wollte die Kirchenmusik, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in Japan kaum noch gepflegt wurde, nicht in Vergessenheit geraten lassen. Als Pater Gereon Japan verließ, übernahm seine Assistentin Veronika Chikako Hashimoto die Leitung. Die heute 86-Jährige, die in Deutschland Musik studiert hat, ist immer noch vor Ort präsent. Die deutsche Sprache hat sie nicht verlernt.

Religionszugehörigkeit spielt fürs Studium keine Rolle

Sie wird unterstützt von zahlreichen Ehrenamtlichen, hält aber nach wie vor die Fäden in der Hand: „Insgesamt haben wir hier am Institut rund 100 Studenten, davon 16 in der Abteilung für Kirchenmusik. Wir bieten Orgelseminare, Jugendschule, Cembaloklassen und Ensembleklassen an. Die Studenten kommen nur zum Unterricht ins St. Gregory-House und wohnen hier nicht dauerhaft. Lediglich die Studierenden der Kirchenmusik, die von weiter herkommen, übernachten hier. Die Grundausbildung in Kirchenmusik dauert drei Jahre.

Wer möchte, kann weitere drei Jahre hier studieren. Der Unterricht erfolgt auf Japanisch. Studieren kann jeder an dieser Schule. Die Religionszugehörigkeit spielt keine Rolle, das wird nicht abgefragt“, erzählt mir Veronika Hashimoto. „Vor der Aufnahme in die Schule müssen die Kandidaten vorspielen und aus dem ‚Gotteslob‘ etwas vorsingen. Die meisten sind schon in einem fortgeschrittenen Alter, denn die Studierenden haben einmal pro Woche ganztags Unterricht. Dafür haben junge Leute meist keine Zeit. Viele sind bereits in einer Kirchengemeinde aktiv. Klavier-, Cembalo- oder Ensembleunterricht nehmen auch jüngere Leute. Sie haben nur Einzelstunden, keine Unterrichtsblöcke, und müssen daher nicht den ganzen Tag im Unterricht sein.“ Alle Studierenden bezahlen den Unterricht selbst. Das Institut wird zudem durch Spenden unterstützt.

Ausbildung dauert drei bis vier Jahre

In einem schallisolierten Raum übt Yumiko Ohta an einer Orgel. Die 67-Jährige ist Konzertpianistin und Chorleiterin. Ihr langjähriger Wunsch war es, zusätzlich das Orgelspiel zu erlernen. Seit einigen Jahren erhält sie hier Unterricht und ist begeistert, dass sie die Möglichkeiten des Musikinstituts wahrnehmen kann.

In der Kirche betreut die Orgellehrerin Mari Ohki eine Schülerin. Die 38-Jährige hat in Lübeck Musik studiert und spricht gut Deutsch: „Ich unterrichte hier im St. Gregorius-Haus zwölf Schülerinnen und Schüler im Orgelspiel. Die Ausbildung dauert drei bis vier Jahre.“

Oblatengruppe wächst stetig

Zufällig ist auch Professor Stefan Baier vor Ort. Er ist Rektor der „Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik“ in Regensburg, die mit dem St. Gregorius-Haus auf besondere Weise verbunden ist: „2005 kam der damalige Erzabt Jeremias Schröder aus St. Ottilien auf uns zu und berichtete von diesem Haus. Man suchte den Kontakt zu einer deutschen Hochschule, um den Abschluss am St. Gregory-House zertifizieren zu lassen. Seitdem nehmen wir die Prüfungen ab und stellen ein Zeugnis aus. Finanziell unterstützen wir das Haus aber nicht“, betont Professor Baier.

Pater Javiers Hauptaufgabe ist die Betreuung der Oblatengruppe, die dem St. Gregorius-Haus angeschlossen ist. Oblaten sind Laien, die in ihrem Alltag nach der Regel des heiligen Benedikt leben. Pater Javier erzählt mir: „Seit dem Jahr 2000 betreut immer ein Mitbruder von St. Ottilien die hiesige Oblatengruppe. Viele Jahre hatte Pater Claudius Bals diese Aufgabe inne, dann verschiedene andere Mitbrüder, jetzt habe ich sie übernommen. Unser ehemaliger Erzabt Jeremias Schröder war bis 2016 Kuratoriumsvorsitzender des St. Gregorius-Hauses. Seit Anfang 2023 liegt auch diese Aufgabe in meinen Händen.“

Die Oblatengemeinschaft besteht derzeit aus 37 Personen. Sie wächst jedoch stetig. „Bei meinem letzten Besuch hier konnte ich sechs neue Mitglieder aufnehmen. Es sind nur Japaner. Sie sind sehr aktiv, treffen sich jedes Wochenende hier und beten gemeinsam. Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften der Gemeinschaft ist ihre Hingabe zum Gregorianischen Gesang. Die Qualität ihres Gesangs ist außergewöhnlich. Musik spielt neben dem Gebet in ihrem Leben eine wesentliche Rolle“, schildert mir Pater Javier begeistert. Für Pater Javier ist die Oblatengemeinschaft ein hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass die Botschaft des Evangeliums auch an Orten Bestand haben kann, an denen der christliche Glaube kaum verbreitet ist. (Dr. Petra Altmann, Buchautorin und Journalistin)

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