Folgen von Corona

Wie das Coronavirus christliches Brauchtum zum Erliegen bringt

Eine Million Pilger kommen alljährlich in Deutschlands größten Marienwallfahrtsort nach Altötting. Doch 2020 ist auch hier alles anders. Sämtliche großen Wallfahrten sind abgesagt. So etwas hat es noch nie gegeben.

Wie alle anderen Großveranstaltungen sind auch Wallfahrten bis mindestens 31.08. abgesagt. © Imago

Altötting – Am 1. Mai, dem Festtag der Patrona Bavariae, strömen in der Regel tausende Pilger ins oberbayerische Altötting. Zur Eröffnung der Wallfahrtssaison hatte sich zum Gottesdienst in der Basilika Sankt Anna der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich angekündigt. Doch daraus wird nichts. Die Corona-Pandemie lässt auch das "religiöse Herz Bayerns" langsamer schlagen. Nun wird der Passauer Bischof Stefan Oster in der Gnadenkapelle vor der Schwarzen Madonna um 9.30 Uhr die Festmesse feiern, die von Niederbayern TV übertragen wird.

Auch auf dem Youtube-Kanal "Gnadenbild Altötting 24/7" ist der Livestream zu sehen. Wallfahrtsrektor Günther Mandl hat damit schon Übung. Seit Mitte März öffentliche Gottesdienste verboten wurden, um weitere Ansteckungen zu verhindern, sind nicht Menschen, sondern eine Kamera für ihn und seine Priesterkollegen das unmittelbare Gegenüber, wenn sie um 8, 9, 10, 11 und 19 Uhr zelebrieren. "Anfangs habe ich mir schon hart getan", räumt der Prälat ein. Mittlerweile stellt er sich vor, wie dahinter eine Familie mit Kindern ihm zuschaut oder Bewohner eines Altenheims. Das motiviere ihn, sagt er, genauso wie die vielen dankbaren Rückmeldungen der entstandenen Internetgemeinde.

Aus der ganzen Republik

Über 2.000 Menschen haben den Kanal schon abonniert. Wenn das Allerheiligste ausgesetzt wird, bleiben zwischen 50 und 100 weiter vor dem Bildschirm. Dass Mandls letztes aktives Jahr als verantwortlicher Seelsorger in dem berühmten Wallfahrtsort sich so gestalten würde, hat sich der 74-Jährige nicht gedacht: "Alle großen Gruppen haben abgesagt." Natürlich hat er dafür Verständnis. Wenn bis 31. August alle Großveranstaltungen in Bayern ausfallen und nun auch das Oktoberfest nicht stattfinden kann, trifft das eben auch die Wallfahrer. Und mit ihnen die Gastwirte, Hoteliers und Devotionalienhändler in Altötting.

Nicht nur aus Bayern, sondern auch aus anderen Bundesländern kommen ansonsten die Pilger mit ihren Sorgen zur Gottesmutter. Vereine, Pfarreien und viele, für die es guter Brauch ist, nach Altötting zu pilgern, bleiben nun daheim. Schon seit über einem Monat steht fest, dass auch die für Ende Mai geplante traditionsreiche Regensburger Fußwallfahrt, an der bis zu 7.000 Menschen teilnehmen und über 111 Kilometer laufen, nicht wie üblich stattfinden wird. Mit dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer kam Pilgerführer Bernhard Meiler überein, im Herbst eine große Diözesanfußwallfahrt als "Dankwallfahrt" abzuhalten. Ob es dabei bleibt, wird man sehen.

Vermutlich werden Sicherheitskräfte benötigt

Öffentliche Gottesdienste sollen im Freistaat ab Anfang Mai unter Auflagen wieder möglich sein. Derzeit sind die sieben bayerischen Diözesen dabei, Regeln zu Hygiene, Mindestabstand und Teilnehmerzahl zu erarbeiten und sie mit der Staatsregierung abzustimmen. Mandl erwartet in der kommenden Woche aus seinem Bistum Passau dazu Richtlinien.

Wie das funktionieren soll, darüber macht sich der Wallfahrtsrektor schon Gedanken. "Vermutlich wird man Sicherheitskräfte brauchen, um die erlaubte Anzahl von Gläubigen in den Bänken sicher zu platzieren." Im September geht Mandl in den Ruhestand. Dann schaut er auf 18 Jahre Seelsorge in dem Wallfahrtsort zurück, davon auf sechs Jahre als Administrator der Heiligen Kapelle.

Nur der "Tod von Eiding" ist in Bewegung

Viele Verpflichtungen sind coronabedingt plötzlich weggefallen. Dafür agiert der Geistliche mit einem "super Krisenteam" aus Frauen und Männern. In seinen Predigten wird er derzeit nicht müde, den Menschen klar zu machen, dass sie für den Ausbruch der Pandemie keinen Sündenbock suchen sollten. Besser sei es, die Krise zum Anlass zu nehmen, sein eigenes Leben zu überdenken. Denn was der Mensch zuletzt mit der Erde angestellt habe, sei einfach nicht richtig.

Vieles steht derzeit still in Altötting, einer ist aber weiter unermüdlich im Einsatz: "der Tod von Eding." So heißt im Volksmund der bewegliche Sensenmann, der in der Stiftskirche auf einem sechs Meter hohen Uhrenkasten seit 400 Jahren im Sekundentakt seine Arbeit verrichtet. Für jeden Schnitt, den das Gerippe ausführt, muss der Überlieferung zufolge irgendwo auf der Welt ein Mensch sterben. "Ein Ruf", so der emeritierte Papst Benedikt XVI., "die Kostbarkeit der geschenkten Zeit zu erkennen und sie zu nützen." (Barbara Just/ kna)

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Pilgern: Der Weg ist das Ziel Corona - Pandemie

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