Für viele Lehrkräfte, die einen Abschlussjahrgang unterrichten, ist am Ende eines Schuljahres noch einiges zu tun. Die Arbeiten sind zwar geschrieben, aber es folgen noch mündliche Prüfungen. Wenn dann auch noch ein Abschlussgottesdienst vorbereitet werden soll, winken einige Kollegen und Kolleginnen ab. Nicht so Ulrike Leidecker: Sie ist Lehrerin an einer Realschule in Georgsmarienhütte (Kreis Osnabrück) und organisiert jedes Jahr gerne einen Abschlussgottesdienst. Dabei kommt ihr zugute, dass sie Erfahrungen in der Vorbereitung von Familiengottesdiensten hat. Außerdem gebe es für Schulabschlussgottesdienste viele Anregungen und Vorschläge im Internet, auf die man sich stützen könne.
Mit der Klasse ein Thema finden
Wichtig sei, den Gottesdienst gemeinsam mit der Abschlussklasse zu erarbeiten und ein Rahmenthema zu finden. Ulrike Leidecker hat in diesem Jahr mit ihren Schülerinnen und Schülern zusammen überlegt, was sich als roter Faden durch den Gottesdienst ziehen könnte. Bei der Diskussion im Unterricht kam die Klasse auf das Thema Freiheit. „Diese Klasse freut sich sehr auf das Schulende als das Ende der Unfreiheit, die sie als Schülerinnen und Schüler empfunden haben“, sagt Leidecker. Vieles war durch schulische Zwänge geregelt, und für die Jugendlichen kamen noch die harten Jahre der Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen dazu.
Jugendliche planen Gestaltung
Nachdem ein Thema gefunden war, konnte über die Gestaltung des Gottesdienstes gesprochen werden. Leidecker, die in der Klasse kooperativen Religionsunterricht erteilt, ist auch die Klassenlehrerin, so dass sie die Verfügungsstunde in die Planungszeit mithineinnehmen kann. Die Jugendlichen einigten sich darauf, dass der Gottesdienst mit einer Performance beginnt (in Kirchensprache auch als Anspiel bekannt), bei der ein gefesselter Jugendlicher zu sehen ist; Schülerinnen und Schüler lesen vor, welche Namen die Fesseln tragen, von denen er befreit wird. Am Ende der Performance wird ein Video des deutschen Rap-Musikers Cro zu seinem Song „Freiheit“ gezeigt, das haben die Schülerinnen und Schüler ausgesucht – sie selbst habe beim Stichwort Freiheit zunächst an das gleichnamige Lied von Marius Müller-Westernhagen gedacht, sagt Leidecker.
Ökumenischer Gottesdienst wird gefeiert
Als Lesungstext wurde die Bibelstelle aus dem Buch Exodus ausgewählt, in der es um den Auszug der Israeliten aus Ägypten geht – zunächst schenkt der Pharao ihnen die Freiheit, später gibt es ein Murren, weil damit auch Unannehmlichkeiten verbunden sind. Fernab von Ägyptens Fleischtöpfen, mitten in der Wüste, wünschen sich einige in das Land ihrer Unfreiheit zurück. Auch die Fürbitten greifen das Thema auf.
Für die Formulierung der Fürbitten hat Lehrerin Leidecker den Jugendlichen als Vorgabe mitgegeben, dass unter den Fürbitten auch solche für sie selbst, für ihre Eltern und für die Verstorbenen sein sollen. Außerdem sollen sie mit derselben Formel enden wie „Herr, wir bitten dich“ oder „Hilf uns“. Zum Ende des Gottesdienstes wird ein Segenstext folgen, den eine Gruppe aus der Klasse erarbeitet hat. „Ich füge das dann nur noch zusammen“, sagt Ulrike Leidecker. Die Texte des Gottesdienstes schickt sie dann an die Person, die den ökumenischen Gottesdienst leiten wird. Wenn die Schule in einer evangelischen Kirche zu Gast ist, predigt ein Vertreter der katholischen Kirche, findet es in einer katholischen Kirche statt, predigt die evangelische Pastorin beziehungsweise der Pastor.
Liedblätter gibt es nicht
Bei der Musikauswahl greift Leidecker unter anderem auf bekanntere Gospellieder und auf das „Benediktbeurer Liederbuch“ des Don Bosco Verlags zurück. Im besten Fall könne man von den Kollegen, die Musikunterricht geben, unterstützt werden. Manche spielen ein Instrument und sind in der Kirche mit Gitarre oder Keyboard dabei, viele kennen sich dann auch mit der Technik aus. Manchmal gebe es auch einige Schülerinnen und Schüler, die privat im Chor singen und bereit zum Vorsingen sind. Man könne nicht davon ausgehen, dass die Lieder den Eltern oder Gottesdienstbesuchern bekannt seien, dennoch lässt die Schule für den Gottesdienst keine Zettel drucken, denn bei 400 oder 500 Zetteln sei das auch eine Kostenfrage. Ohnehin würden die meisten Zettel anschließend sofort weggeworfen.
Üben für den Gottedienst erfolderlich
Ulrike Leidecker hat die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll ist, mit der Klasse den Ablauf des Gottesdienstes zu üben. Vor allem das Sprechen am Mikrofon sei für viele ungewohnt. Man müsse sie daran erinnern, deutlich und langsam genug zu sprechen. Beim Üben werde man in der Regel gut von den Küstern und Küsterinnen unterstützt.
Dass es einen Abschlussgottesdienst geben muss, findet Leidecker wichtig, denn der Gottesdienst sei die Gelegenheit, „das Gute und das, was nicht so gut war“, zu bedenken, um damit abschließen zu können. Sie sage den Jugendlichen immer: „Das ist Euer Gottesdienst. Egal, wie ihr sonst auf Kirche schimpft, diesen Gotesdienst könnt ihr so gestalten, wie Ihr wollt.“ (Andrea Kohlhoff)