Frau Stetter-Karp, Herr Bischof Bätzing, inwieweit werden die Ergebnisse des neuen Münchner Missbrauchsgutachtens die kommende Synodalversammlung beeinflussen?
Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK): Ich bin sicher, das wird ein Thema sein. Und ich kann mir gut vorstellen, dass manche auch zum Ausdruck bringen, dass es eine bittere Erkenntnis ist, dass wir in der Aufarbeitung nur schleppend vorankommen.
Bischof Georg Bätzing, Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz: Die vergangene Synodalversammlung im Herbst war sehr stark atmosphärisch bestimmt vom Zurückhalten eines der beiden Kölner Gutachten und die dadurch entstandene Vertrauenskrise, die bis heute andauert. Das haben wir beim Münchner Gutachten nicht. Gleichwohl sind die Ergebnisse des Gutachtens desaströs. Aber es ist gut, dass es schonungslos und unabhängig veröffentlich wurde. Die Wahrheiten der bereits veröffentlichten Missbrauchsgutachten sind alles andere als schön, aber es führt nichts an dieser Schonungslosigkeit vorbei.
Ist der Synodale Weg angesichts all dessen, was da zutage gekommen ist, wirklich noch das richtige Mittel, um auf die Krise zu antworten?
Bätzing: Ja, davon bin ich überzeugt. Dort diskutieren wir die Fragestellungen zu den systemischen Ursachen und suchen zusammen nach Antworten. Alle Aufarbeitungsgutachten, so auch das Münchener, zeigen uns, dass im System die Gründe liegen.
Stetter-Karp: Ich verstehe die dramatische Lage so, dass es umso mehr notwendig ist, gemeinsam einen Weg zu suchen. Ich bin überzeugt, dass wir diesen Weg gehen können. Selbstverständlich brauchen wir dazu auch die notwendigen formalen Beschlüsse. Ich glaube schon, dass wir das können. Aber mir stellt sich auch neu die Frage, ob wir bei der ganzen Aufarbeitung nicht doch die Unterstützung Dritter brauchen. Ich denke etwa an den Bundestag.
Eine Erkenntnis des Gutachtens ist, dass die Bischöfe über Jahrzehnte ihre Aufgabe als Aufseher, Richter und Personal-Verantwortliche nicht wirklich wahrgenommen haben. Muss nicht der Synodale Weg auch das Problem der fehlenden Verantwortungsübernahme anpacken?
Bätzing: Das Synodalforum "Macht und Gewaltenteilung" setzt da genau an der richtigen Stelle an und formuliert Handlungsempfehlungen. Zweifelsohne bedarf es Kontrolle, Transparenz und Verantwortung, die sich auch in Strukturen abbilden. Das muss die Zukunft sein. Deshalb haben wir Bischöfe uns bereits einstimmig für eine Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgesprochen und eine Disziplinarordnung in Rom vorgelegt. Denn es muss konkret werden.