Die Hütte im Chiemgau

Wie die Einsiedelei im Herbst Menschen verändert

Auf einer kleinen Lichtung unweit des Klosters Maria Eck steht die Einsiedelei im Wald. Im Sommer erinnert sie an Bergurlaub, im Herbst toben die Stürme um die kleine Hütte. Und trotzdem ist sie ausgebucht. Ein Besuch bei Dauerregen und Hochnebel.

Die Einsiedelei bei Maria-Eck © SMB/Fleischmann

Maria Eck – Als ich das vergangene Mal bei der Einsiedelei war, hatten wir 25 Grad, Sonnenschein und das Zirpen und Summen der Insekten, die sich über die Blüten hermachten, war omnipräsent. Ein Idyll wie aus dem Bilderbuch. Jetzt stehe ich wieder vor der Hütte und auf einmal wirkt sie viel zu klein verglichen mit den dunklen Nadelbäumen, die sich bedrohlich von den Windstößen krümmen. Der starke Regen und die sieben Grad Außentemperatur tun ihr Übriges.

Christa Einsiedler – ja der Name ist Programm – lässt sich davon aber nicht abhalten und verbringt nun ihr fünftes Jahr in Folge eine Woche in der Hütte. „Wenn die Natur auf dem Rückzug ist, dann komm ich auch besser zu mir selbst zurück“, sagt die Homöopathin aus Traunstein, „Ich war seit Anfang der Einsiedelei vor fünf Jahren mit dabei und werde auch weiterhin dabeibleiben.“ Sie schenkt sich eine Tasse Kaffee ein und blickt aus dem Fenster. „Dieses Ausgesetztsein, vor allem bei so einem Wetter, löst einfach etwas in einem aus, dass man ganz schwer beschreiben kann.“

Die Kappelle wirkt ein wenig wie aus einem Gruselfilm.
Die Kappelle wirkt ein wenig wie aus einem Gruselfilm. © SMB/Fleischmann

Die Sehnsucht wird mehr

Sie ist dabei nicht die Einzige, denn die Hütte ist bereits bis Ende Januar ausgebucht. „Es werden immer mehr Menschen, die da rein wollen“, sagt Bruder Christian vom Kloster. Er hatte die Idee, die kleine Hütte zu bauen und ist der Seelsorger für die Besucher. „Wer rein will, muss zuerst ein persönliches Vorgespräch mit mir haben. Erst dann entscheide ich. Gerade eben war eine Frau aus dem Emsland am Telefon. Ich weiß, dass mehrere hundert Kilometer Anfahrt viel sind, aber da bleibe ich hart. Die Einsiedelei ist kein Urlaub und die Sehnsucht nach mehr möchte ich persönlich hören.“

Was sich streng anhört, erscheint bei genauerer Betrachtung nur logisch. Einsamkeit, Isolation, kein fließendes Wasser, kein Strom – das alles sind Dinge, die wohlüberlegt sein wollen. Doch der Effekt, den die kleine Hütte auf die Menschen hat, ist beeindruckend. „Ich traue mich zu sagen, dass hier jeder Mensch verändert rauskam. Klar ist die Einsiedelei nicht das Allheilmittel und natürlich ist danach nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen. Aber jedes Mal merke ich, dass etwas im Leben der Einsiedler anders ist und bekomme das auch oft mitgeteilt“, sagt Bruder Christian, „Außerdem ist ja ein seelsorgliches Gespräch pro Tag Pflicht. Da merkt man dann Einiges.“

Christa Einsiedler kann dem nur zustimmen. Sie ist nicht nur sich selbst, sondern auch ihrem Glauben nähergekommen. Jetzt das Einsiedeln ein Ritual geworden. „Jedes Mal geht man da noch ein kleines Stück weiter.“

Hochnebel über dem Gebirge
Hochnebel über dem Gebirge © SMB/Fleischmann

Die Dunkelheit im Herzen

Im Sommer sind die Einsiedler oft draußen, gehen wandern, kümmern sich um den Garten oder genießen die Sonne. Im Herbst ist das nicht so möglich, vor allem dann, wenn durch den Nebel die Sichtweite stark beschränkt ist. „Das ist auch das Spezielle an dieser Jahreszeit“, sagt Bruder Christian, „Man ist noch mehr als sonst in der Hütte. Für viele kann das auch ganz schön bedrückend sein.“

Gerade die Dunkelheit macht den Einsiedlern zu schaffen. Das geht Christa Einsiedler nicht anders. „Die Dämmerung beginnt hier durch die Gebirgslage noch früher, als sonst im Herbst. Diese Übergänge sind manchmal unheimlich. Da will man dann schon kurzfristig woandershin.“ Doch dann höre sie das Feuer im Ofen knistern und beginne zu malen oder zu schreiben. „Die Einsiedelei hat ihre Berge und Täler. Dass da mal die Tränen fließen oder man einfache eine Traurigkeit verspürt, ist ganz normal und auch irgendwie gesund.“

Hoffnung, schwarz-gelb gepunktet

Wie auch damals im Sommer schaue ich mir noch ein wenig die Umgebung an. Weiter oben am Berg steht eine kleine Holzkapelle. Bruder Christian begleitet mich dorthin, weil er die Kerzen in der Kapelle erneuern möchte. Als wir dort ankommen, krabbelt ein Feuersalamander über die Schuhe von Bruder Christian. „Die gibt’s gerade im Herbst hier ständig.“ Das kleine Tier ist ein Farbklecks in mitten von grauer Tristesse – und passt deswegen perfekt zu dem, was ich an diesem Tag erlebt habe. „Für mich ist diese Einsiedelei nicht nur als Seelsorger toll, sondern vor allem als Mensch. Wenn man sieht, wie vielen Menschen man damit helfen kann, dann gibt das dem Leben einen gewissen Sinn“, sagt Bruder Christan und lächelt.

Ich verabschiede mich von ihm und gehe auf einem schmalen Pfad rechts der Kapelle zu einer Aussichtsplattform, von der ich damals eine malerische Sicht auf den Chiemsee hatte. Jetzt versperrt eine Nebelwand das Panorama und im Hintergrund kracht ein Ast auf den Boden. Doch egal ob Königs- oder Schmuddelwetter – der Ort macht etwas mit den Menschen, das die Jahreszeiten nicht beeinflussen können.

Der Autor
Lukas Fleischman
Radio-Redaktion
l.fleischmann@michaelsbund.de

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Monat der Spiritualität und zum Thema Monat der Spiritualität

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