Heilige Messe

Was bringt einem der Gottesdienst?

Für Liturgiewissenschaftler Christian Rentsch führt diese Frage weg vom wesentlichen Kern des Gottesdienstes. Wer den Nutzen zum Maßstab nimmt, vergibt eine Chance.

"Der Gottesdienst bringt mir Nichts"- das ist der Eindruck vieler Besucher. © Steam visuals stock.adobe.com

Wem dient der Gottesdienst? In früheren Zeiten wäre wohl schon die Frage unverständlich gewesen. Die Antwort lag ja geradezu auf der Hand: Gottesdienst ist Dienst an Gott. Wie ein weltlicher Herrscher seinen Hofstaat hat, der ihm huldigt, so bringt die Kirche ihrem Herrn im Gottesdienst öffentlich den ihm „geschuldeten Kult“ dar. In Barockkirchen wird dieses Verständnis bis heute greifbar. Wie ein Thronsaal auf den Herrscherthron ist der ganze Kirchenraum auf die über dem Tabernakel thronende Monstranz mit dem Allerheiligsten ausgerichtet, und im Gottesdienst empfängt die himmlische Majestät ihren Hofstaat zur Audienz, um dessen Huldigung entgegenzunehmen.

Dienst des Menschen an Gott

Gewiss war diese konkrete Ausgestaltung des Kirchenraums zeitbedingt, es nahm am Hofzeremoniell der damaligen Zeit Maß. Aber es kam damit auch bleibend Gültiges zum Ausdruck. Im Gottesdienst tritt die feiernde Gemeinde schon in den Himmel ein und erweist Gott die Ehre. In der Messfeier findet dieser „Vorgeschmack auf den Himmel“ seinen deutlichsten Ausdruck im Gesang des Sanctus, des „Heilig, heilig, heilig“. Nach dem Propheten Jesaja (Jes 6,1–8) ist dies der Gesang der Seraphim vor dem Throne Gottes. In der Messe vereinen wir uns „mit den Chören der Engel“ zum Hochgesang der göttlichen Herrlichkeit. Gottesdienst ist, wie das Zweite Vatikanische Konzil sagt, in der Tat das „Werk“ – der Dienst – „der vollkommenen Verherrlichung Gottes“ (SC 5).

Gottes Dienst an den Menschen

Freilich nimmt das Konzil hier eine wichtige Ergänzung vor: Gottesdienst ist zugleich das „Werk“ – der Dienst – „der menschlichen Erlösung“. Die bis dahin alleine vorherrschende Antwort auf die Frage, wem der Gottesdienst dient – Gott natürlich! –, wird damit geradezu auf den Kopf gestellt und um einen zweiten „Dienst“ ergänzt: Gott dient den Menschen! Was auf den ersten Blick fast gotteslästerlich erscheinen mag, ist in Wahrheit gut biblisch: Christus wurde, wie Paulus sagt, „wie ein Sklave“ (Phil 2,7), um die Menschen zu erlösen. In diesen befreienden „Dienst“ Christi an den Menschen nimmt Gott die, die Gottesdienst feiern, je neu hinein. Der dienende Christus ist in den sichtbaren Zeichen des Gottesdienstes selbst gegenwärtig und dient seiner Gemeinde. Das Gabengebet vom Gründonnerstag bringt es auf den Punkt: Sooft wir die Eucharistie feiern, „vollzieht sich an uns das Werk der Erlösung“.

Im Gottesdienst dient Gott dem Menschen. Genau betrachtet ist dieser Dienst Gottes an den Menschen sogar der ursprüngliche und geht jedem Dienst des Menschen an Gott voraus. Der Mensch kann nicht von sich aus Gott etwas geben, sodass Gott dem Menschen seine Zuwendung schuldig wäre, und Gott ist auch nicht auf unseren Dienst angewiesen. Die Initiative geht vielmehr stets von Gott aus, und jeder Gottesdienst des Menschen ist Antwort auf die erfahrene Zuwendung Gottes. Gottesdienst ist Dialog zwischen Gott und Mensch – und das erste Wort geht immer von Gott aus, dem wir dann antworten können.

„Und was bringt mir der Gottesdienst?“

Heute haben viele den Eindruck, dass Gottesdienst ihnen nichts bringt, sie keinen Nutzen davon haben. Sie spüren nicht, dass im Gottesdienst Gottes heilendes Wirken gefeiert wird. „Der Gottesdienst bringt mir nichts“, heißt es oft, und was nichts bringt, ist sinnlos. Antworten wie diese können die Kirche nicht kaltlassen. Sie muss darüber nachdenken, wie das heilende Wirken Gottes an uns so gefeiert werden kann, dass diese Zuwendung auch wirklich erfahrbar wird. Wenn Gottesdienst die Feier des Heils unter sichtbaren Zeichen ist, muss wenigstens eine Ahnung davon auch spürbar werden.
Doch wer den Gottesdienst nur danach bemisst, ob er ihm „etwas bringt“, bringt sich auch um eine Chance. Fast das ganze Leben – Arbeit, Wirtschaft und leider oft genug auch Beziehungen – werden ja schon danach bemessen, ob sie „etwas bringen“. Alles folgt bestimmten Zwecken, die es mit möglichst geringem Aufwand zu erreichen gilt. Rationalisierung ist das Wort der Stunde. Da ist es gut, daran zu erinnern, dass Gottesdienst auch Dienst an Gott ist. Denn dann kann ich Gottesdienst feiern, ohne mich ständig fragen zu müssen, welchem menschlichem Zweck er dient und ob es sich lohnt.

Die Stunde, in der alles möglich ist

Romano Guardini hat dafür das schöne Wort der Liturgie als Spiel gefunden: Gottesdienst kann die Stunde sein, in der es einmal möglich ist, „nicht allzu zweckbewusst, allzu klug und ‚erwachsen‘ sein zu wollen“, sondern „für Gott Zeit zu verschwenden … ohne immer gleich zu fragen: Wozu und warum? Nicht immer etwas tun, etwas erreichen, etwas Nützliches zustande bringen wollen, sondern lernen, in Freiheit und Schönheit und heiliger Heiterkeit vor Gott das gottgeordnete Spiel der Liturgie zu treiben.“ Wer es vermag, Gottesdienst auch um Gottes willen zu feiern und daher im Gottesdienst auch einmal von sich abzusehen, der kann die Erfahrung machen, dass er gerade dann reich beschenkt wird und in den Lobpreis der Kirche einstimmen kann: „Du bedarfst nicht unseres Lobes, es ist ein Geschenk deiner Gnade, dass wir dir danken.“ (Christian Rentsch, Liturgiewissenschaftler)

 

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