Sakrament der Buße

Warum soll man heute noch zum Beichten gehen?

St. Michael ist in und weit über München hinaus als Beichtkirche bekannt. Kirchenrektor Pater Karl Kern SJ spricht im Interview über die Bedeutung der Beichte für die Menschen.

Die Beichte soll ein "Sakrament der Ermutigung" sein. © asiandelight - stock.adobe.com

mk online: Pater Kern, während in manchen Kirchen der Beichtstuhl vom Mesner zur Abstellkammer umfunktioniert wird, haben Sie erst vor Kurzem die Beichtstühle in St. Michael modernisieren lassen. Kommen tatsächlich so viele Menschen zu Ihnen, dass sich das rentiert hat?

Pater Karl Kern SJ: Und wie sich das rentiert hat! Wir haben sechs neue moderne Beichtstühle, zwei als reine Sprechzimmer, vier mit der Kombinationsmöglichkeit zum Knien vor dem Beichtgitter oder zum Sitzen mit Blick zum Beichtvater, außerdem noch ein größeres Beichtzimmer außerhalb der Kirchenmauern, doch mit direktem Zugang von der Kirche aus.

Wir bieten von Montag bis Samstag in der Kirche jeden Tag zwei Stunden Beichtgelegenheit (17 – 19 Uhr) mit zwei Patres an; außerdem von Montag bis Mittwoch und am Freitag am Vormittag (9 – 12 Uhr) in den Sprechzimmern des Zentrums St. Michael.

Das ist ein Weniger an Zeit, verglichen mit Vor-Corona. Doch diese Zeiten werden ausgiebig genutzt und geschätzt. Meist sind zwei Patres während der vollen zwei Stunden im Beichtstuhl beschäftigt, manchmal auch über diese Zeit hinaus. Viele Menschen bedanken sich spontan, dass wir gerade jetzt dieses Sakrament anbieten.

Welche Menschen kommen zu Ihnen zur Beichte?

Pater Kern: Sie werden überrascht sein: Es sind vor allem Jüngere zwischen 25 und 45 Jahren.

Und welche Themen kommen hier besonders häufig zur Sprache?

Pater Kern: Es sind die Widrigkeiten des Lebens, die Schwierigkeiten des Alltags, in denen Menschen auf ihre Grenzen und Schwächen stoßen: Wie die Anforderungen des Berufs, die Zusammenarbeit mit schwierigen Kolleginnen und Kollegen bewältigen? Wie der Familie, den Kindern, den Lebenspartnern gerecht werden? Viele sexuelle Nöte kommen zur Sprache. Man kriegt die unheilvolle Wirkung des Internets mit.  Dann ist die Beichte immer auch eine gemeinsame Suche nach dem passenden Stil des geistlichen Lebens: Wie bete ich? Wie verbinde ich meinen Glauben mit meinem Alltag? Wo finde ich eine geistliche Heimat?

Schwere Schicksalsschläge, Lebenskrisen, Phasen der geistlichen Trockenheit sind oft der Anlass, nach Jahren oder Jahrzehnten mal wieder zu beichten. Manchmal steht auch eine lebensbedrohliche Operation an oder die Erstkommunion der Kinder oder Enkel, die Menschen in den Beichtstuhl führt. Nicht zu vergessen: Für viele ist die Beichte so etwas wie eine regelmäßige geistliche Begleitung. Vor allem junge Leute nutzen das immer wieder.

Wie lange sollte ein gutes Beichtgespräch dauern?

Pater Kern: Wir begrenzen in der Corona-Zeit ein normales Beichtgespräch auf circa zehn Minuten und lüften danach den Beichtstuhl, indem wir die Türen eine Weile offenstehen lassen. Manche Menschen brauchen mehr Zeit, um ihre Fragen zu besprechen. In diesem Fall verweisen wir auf unsere regelmäßigen Sprechzeiten im Zentrum. Oft machen die Beichtväter einen eigenen Termin in solchen Fällen aus.

Welche Erwartungen haben die Menschen an einen guten Beichtvater?

Pater Kern: Er muss einfühlsam zuhören und sich dem Gegenüber zuwenden können. Verständnis und Wegweisung sind gefragt, wobei ein guter Beichtvater die Selbstheilungskräfte bei seinem Gegenüber herauszulocken versucht. Der Beichtvater muss wie ein guter Arzt hinter den äußeren Symptomen, die im Bekenntnis genannt werden, mit diagnostischem Blick die tieferen Probleme erkennen. Er sollte den Blick von den offenkundigen Tat- zu den tieferen Haltungssünden lenken und Hinweise zur „Buße“, zur „Besserung“ geben. Beichtende sollten einen therapeutisch geschulten und geistlich gereiften Beichtvater erwarten können.

Sie agieren im Moment der Lossprechung stellvertretend für Christus. Ist man sich dieser besonderen Rolle stets bewusst?

Pater Kern: Beichthören sehe ich als die Königsdisziplin eines Seelsorgers an. In der Beichte sich aussprechen und die Beichte entgegennehmen ist eine intime geistliche Begegnung. Da heißt es, mit Feingefühl Lebenshilfe aus dem Glauben zu geben. Die Beichte ist ein Sakrament der Ermutigung und liegt auf der Linie der Heilungswunder Jesu, meist im Sinne einer therapeutischen Hilfe zur Selbsthilfe, manchmal aber auch im Sinne einer „richtenden“, klaren Absage an das offenkundig Böse und Destruktive. Am schwierigsten sind für einen Beichtvater diejenigen, die nur von den Sünden der anderen reden und ihren Anteil an bestimmten Problemen überhaupt nicht wahrnehmen. Mit Blindheit und Verstocktheit hatte auch Jesus seine größten Probleme.

Was kann eine Beichte mitunter beim Beichtenden bewirken?

Pater Kern: Nach einer Beichte sollten die Menschen aufatmen, befreit durchatmen und mit Klugheit, Entschiedenheit und Geduld neu anfangen können. Wir hören oft nach der Beichte ein „Dankeschön!“ oder „Pater, das hat jetzt gutgetan!“. Das ist für den Beichtvater das schönste Geschenk. Ich gebe auch manchmal den Hinweis, dass man in der Beichte nicht nur Sünden beichten, sondern auch für Gutes und Gelungenes danken kann.

Was sagen Sie jemandem, der schon seit Jahren nicht mehr bei der Beichte war?

Pater Kern: Wenn Menschen nach Jahren wiederkommen, spreche ich ihnen zunächst meine Anerkennung aus. Ein Wort des Lobes tut immer gut. Oder ich frage nach dem Grund, warum sie nach langer Zeit wieder den Weg zum Beichtstuhl gefunden haben. Doch meist sagen das die Menschen selbst. Gerade bei solchen Beichten erlebt man als Beichtvater oft bewegende und berührende Momente. Und überhaupt: Nach zwei Stunden im Beichtstuhl bin ich oft erledigt und dankbar zugleich. Man weiß dann als Seelsorger, wofür man da ist. (Interview: Florian Ertl, stellv. Chefredakteur der Münchner Kirchenzeitung und Katharina Zöpfl, Redakteurin der Münchner Kirchenzeitung)

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