Interview mit Philosoph Michael Bordt SJ

Warum das Paradies kein Ort ist

So manch einer träumt im Sommer vom Meer, Sandstrand und einem kühlen Getränk – praktisch von einem paradiesischen Urlaub. Aber wie sieht das Paradies eigentlich aus und wie fühlt es sich an?

Michael Bordt ist Professor, Jesuit und Geschäftsführer des Instituts für Philosophie und Leadership. © Institut für Philosophie und Leadership

mk online: Ich stelle mir das Paradies mit einer grünen Berglandschaft vor.  Aber jeder und jede hat da andere Bilder im Kopf. Was ist denn jetzt das Paradies, Herr Prof. Dr. Bordt?

Professor Michael Bordt SJ: Nach meiner Auffassung sind Paradiese Sehnsuchtsorte. Es geht um Orte, die uns, wenn wir an sie denken, mit etwas erfüllen. Sie helfen, dass unsere Sehnsucht zur Ruhe kommt. Vielleicht können wir durch diese Orte auch zu uns kommen, Stille finden, aber auch tiefe Gemeinschaft und Sinn erleben.

Bei dem Wort Paradies denken bestimmt auch einige an einen schönen Sandstrand mit Sonne, Palmen, Cocktails und Meer. Ein Ort, an dem man es sich so richtig gut gehen lassen kann. Trotzdem sind manche Menschen in so einem Paradies unglücklich. Woran liegt das?

Bordt: Sehnsuchtsorte hängen eben oft weniger davon ab, was außen passiert oder gegeben ist, sondern vielmehr hängt es davon ab, wie wir die Dinge erleben.

Das heißt also, es kommt nicht allein auf die Örtlichkeit an. Aber wie finde ich denn den Weg, einen Sehnsuchtsort auch als paradiesisch erleben zu können? 

Bordt: Schon im Alten Testament, Buch Genesis, lesen wir, dass wir aus dem Paradies verstoßen sind und der Weg zurück, nicht ganz einfach ist. Das Neue Testament besagt, dass der Heilige Geist in uns ist. Im Römerbrief heißt es: der Heilige Geist wohnt ihn uns. Daher wäre eine biblische Vorstellung vom Weg ins Paradies, sich damit, also mit Gott, zu verbinden.

Zur Person


Michael Bordt ist Jesuit und Professor an der Hochschule für Philosophie in München, deren Präsident er 2005 bis 2011 war. Er studierte Theologie und Philosophie und promovierte in Oxford. Habilitation an der Université de Fribourg. Als Vorstand des Instituts für Philosophie und Leadership veranstaltet er u. a. Workshops für Führungskräfte im Topmanagement großer Konzerne und für Familienunternehmen.

Passend zum Thema haben Sie auch so einige Bücher geschrieben, zum Beispiel „Die Kunst, sich selbst auszuhalten“, „Die Kunst, die Eltern zu enttäuschen“ oder jetzt, ganz neu, „Die Kunst, unserer Sehnsucht zu folgen“. Das klingt nach Selbstverwirklichung. Ist genau das in Wahrheit der Weg ins Paradies?

Bordt: Die Frage ist, was christlich gesehen, das „Selbst“ ist. Wenn das Selbst das Ego ist, das sich lediglich auf Konsumieren, Nutzen und Lustgewinn aus ist, hat das wenig mit dem Paradies zu tun. Wenn allerdings das eigentliche Selbst Gott ist, der in uns lebt, und der Christ oder die Christin immer wieder im Leben auf der Suche danach ist, dann hat das nichts mit Egoismus und um sich selbst Kreisen zu tun.

Haben Sie praktische Tipps, wie sich jeder und jede hier am besten auf den Weg machen kann?

Bordt: Es ist wichtig, zu überlegen, wo Orte sind, die es mir erleichtern, zur Ruhe zu kommen. Und dass ich damit rechne, vor allem mit Blick auf den ein oder anderen bevorstehenden Sommerurlaub, dass bei der Suche nach Stille auch Spannungen und unangenehme Dinge hochkommen können. Viele Menschen erwarten, dass es im Urlaub besonders toll laufen muss, beispielweise in den Beziehungen oder mit den Kindern. Allerdings bringt jeder auch an den Urlaubsort die eigenen Konflikte und Unzufriedenheit mit. Daher kann es sogar in den Ferien leichter passieren, die hohen Erwartungen, die mit der Erfüllung der Sehnsucht verbunden sind, enttäuscht werden. Da kann es auch mal krachen, das ist normal.  

Das heißt, es bedarf einen Prozess, bevor man im Paradies ankommen kann?

Bordt: Naja, so würde ich das nicht sagen. Es gibt ja auch auf dem Weg zur Ruhe Momente, in denen man Erfüllung spürt. Zu Beginn des Gesprächs hatten Sie den Strand, die Palmen und einen guten Drink erwähnt: Das kann durchaus sein, dass man das so erlebt und als herrlich empfindet. Das ist eine gute Erfahrung für sich. Es kann nur außerdem passieren, dass einen drei Tage später auch Dinge nerven: Es zu heiß ist oder die Drinks doch nicht so gut. Das sind oftmals auch Unzufriedenheiten, die in einem drinnen passieren, die nicht am Äußeren liegen. Es ist wichtig, mit denen dann auch umgehen können. Das heißt, sich den Spannungen zuwenden und diese aushalten zu lernen. (Das Interview führte Anna Parschan, Redakteurin beim Sankt Michaelsbund)

Buchtipp

Bordt SJ, Michael: Die Kunst, unserer Sehnsucht zu folgen

Philosoph und Bestsellerautor Michael Bordt SJ schöpft aus der spirituellen Praxis des Jesuitenordens ebenso wie anderer Religionen und zeigt Wege, wie wir unserer Sehnsucht folgen können.

16 € inkl. MwSt.

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