Auszeit vom Alltag

Sabbatical: Die große Freiheit

Der Therapeut und Coach Norbert Söntgen begleitet Menschen, die ein Sabbatical nehmen. Er gibt Tipps, was es dabei zu beachten gilt.

Sabine Fett hat ihr Sabbatjahr genutzt, um auf dem Jakobsweg zu radeln. © privat

Ein paar Monate, ein halbes oder sogar ein ganzes Jahr – immer mehr Menschen unterbrechen ihr gewohntes Leben für ein Sabbatical oder ein Sabbatjahr. Viele gehen auf Reisen, auch zu Fuß auf Pilgerreisen, andere nutzen die Zeit für eine neue Ausbildung oder zur Neuorientierung. Es sind junge Menschen, die sich noch finden wollen, aber auch zunehmend Ältere, die ein Sabbatical nutzen, um aus dem Berufstrott einen Schritt zur Seite zu treten, innezuhalten, neue Perspektiven zu finden oder auch einer drohenden Überlastung zu entkommen.

Sabbatical auch über kürzere Zeit möglich

Ein ganzes Sabbatjahr bietet viel Freiraum, aber für viele ist das aus beruflichen oder familiären Gründen kaum vorstellbar. „Es muss kein ganzes Jahr sein“, findet Norbert Söntgen, Therapeut und Coach, der Menschen in Sabbaticals begleitet. Etwa ab einem Zeitraum von drei Monaten finde man genug Raum für Veränderungen und um zur Ruhe zu kommen. Das lässt sich durch Begleitung noch verstärken.

Christine Steinmaier zum Beispiel startete mit einer Woche Schweigeexerzitien in ihr Sabbatjahr. „Das war eine gute Erfahrung, ich konnte gut abschließen mit dem Schuljahr und bin nicht so reingepurzelt in die freie Zeit.“ Für die hatte sich die Religionslehrerin allerdings auch viel vorgenommen. Nach einer längeren Reise hat sie eine Ausbildung zur Hospizhelferin angepackt und nach dem Pandemieausbruch in einem Altersheim mitgearbeitet: „Ich wollte immer schon mal etwas ganz anderes arbeiten.“ Dadurch ist ihr jetzt auch eine neue berufliche Aufgabe in der Hospizseelsorge zuteilgeworden.

Akribische Planung nicht nötig

„Sich einzulassen und zu öffnen für das, was auch immer dann kommt“, sei eine gute Einstellung für ein Sabbatical, weiß Söntgen. Er rät daher auch davon ab, die Auszeit allzu akribisch vorzuplanen: „Es braucht nicht so viel Vorbereitung, es reicht, dass ich den ersten Ort, an den ich möchte, weiß. Von da aus kann ich mich führen oder treiben lassen.“

Das erlebt gerade auch Patricia in ihrem Sabbatjahr in Italien. Sie geht dort ihren Wurzeln nach, denn ihre Mutter stammt aus Süditalien. Mit das Schönste seien die Begegnungen mit Menschen, unterwegs im Zug oder beim Wandern. Einige Besuchsaufenthalte haben sich daraus schon ergeben, erzählt Patricia. Auf der anderen Seite haben die Monate auf Reisen der Lehrerin auch gezeigt, dass sie gut mit sich allein sein kann.

Ob man sich eine berufliche Auszeit leisten kann oder will, muss nicht in erster Linie vom Geld abhängen. „Geld spielt keine so große Rolle, wie viele annehmen“, betont der Sabbaticalcoach. „Man kann auch mit kleinem Budget unterwegs sein und Reiseziel und Unterkünfte danach aussuchen, ob sie günstig sind.“ Eine gute Alternative kann es auch sein, unterwegs phasenweise zu arbeiten. Gerade manuelle Arbeiten sind ein guter Ausgleich zum heimischen Bürojob.

Ehrlich mit Arbeitgeber sprechen

Für manche Berufsgruppen gibt es bereits feste Regeln, unter welchen Voraussetzungen sie ein Sabbatical antreten können. Viele müssen das aber mit ihrem Arbeitgeber aushandeln. Söntgen rät dazu, direkt und ehrlich mit dem Vorgesetzten zu sprechen, zu zeigen, wie wichtig einem das Anliegen ist. „Die meisten Vorgesetzten kennen das ja auch, diese Sehnsucht, mal rauszukommen. Da kann es gut sein, dass sie mit dem Plan sympathisieren“. Aber Flexibilität für die Details helfe auch dabei, ein Sabbatical erfolgreich auszuhandeln.

Viele Pläne für Sabbaticals wurden in jüngster Zeit von der Pandemie und Reisebeschränkungen durchkreuzt. Söntgen würde sich davon aber nicht abschrecken lassen: „Ich kann mich davon auch ermutigen lassen und schauen, was jetzt noch geht, wo ich vielleicht mit meinem Leben ein bisschen mehr in Fluss kommen könnte.“ Dazu sei eine Begleitung in der Vorbereitung auf ein Sabbatical hilfreich.

Gemeindereferentin Sabine Fett profitierte von der geistlichen Begleitung, die es für pastorale Mitarbeiter ohnehin gibt. „Wir haben immer mal wieder über mein geplantes Sabbatjahr gesprochen. Dabei hat sich immer klarer gezeigt, dass ich nicht in einem Projekt mitarbeiten wollte, sondern dass ich dieses Jahr wirklich für mich haben wollte.“ Zwei Monate ist sie durch Frankreich und Spanien auf dem Jakobsweg geradelt und hat dafür auch die Sprachen gepaukt. Worauf sie sich nicht vorbereiten konnte, war das Unbekannte: „Es ging mir ganz lange so, dass mich morgens die Angst überkam, wo bleibe ich denn heute Nacht, wenn ich noch kein Quartier hatte.“

Auf den Geschmack kommen

Eine gewisse Risikotoleranz hilft in solchen Situationen, bestätigt der Coach, aber genau darin bestehe auch der Lerneffekt unterwegs: „Es geht darum, das Bedürfnis loszulassen, am liebsten wissen zu wollen, was wird morgen, was wird in einer Woche sein, und mich einzulassen auf das, was mir begegnet.“

Dass ein langer Auslandsaufenthalt abgebrochen wird, weil jemand plötzlich von Heimweh gepackt wird, hat Söntgen so gut wie gar nicht erlebt: „Eigentlich kommen die Menschen richtig auf den Geschmack, wenn sie mal diese Schwelle überschritten haben und sich trauen loszulassen.“

Aber jede Auszeit geht zu Ende. Patricia musste ihre Italienreise wegen privater Verpflichtungen kurz unterbrechen und hat dabei gelernt, dass ihr das Zurück nach Hause gar nicht so leicht fiel. Sie hat sich vorgenommen, spätestens im August wieder in München zu sein und dann in Ruhe anzukommen. Söntgen erlebt bei seinen Sabbaticalbegleitungen, dass es oft leichter ist, den Faden zuhause wieder aufzunehmen, als man sich vorstellt: „Das ist doch alles noch vertraut und man ist auch deutlich anders aufgestellt, ist deutlich entspannter“. Es könne sich durchaus so anfühlen, als ob man neu geboren worden sei, weiß der Coach. „Das ist eine Veränderung, die lange nachwirkt.“ (Gabie Hafner)

Die Autorin
Gabriele Hafner
Radio-Redaktion
g.hafner@michaelsbund.de

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