Krise in der katholischen Kirche

Pater Anselm Grün: "Die Kirche darf nicht als Moralapostelin auftreten"

Das Münchner Missbrauchsgutachten hat das Vertrauen in die katholische Kirche geschwächt. Pater Anselm Grün erzählt im Interview, was ihn selbst in der Kirche hält und was sich ändern muss.

Pater Anselm Grün erzählt im Interview, was er an der Kirche schätzt. © IMAGO/epd imago

Münsterschwarzach – Vor drei Monaten erschütterte das Münchner Missbrauchsgutachten die katholische Kirche. Der Münsterschwarzacher Benediktinerpater und Bestseller-Autor Anselm Grün (77) hat das zum Anlass genommen, aufzuschreiben, wieso er selbst in der Kirche bleibt. Im Interview spricht Grün darüber und beantwortet auch die Frage, was sich in der Kirche ändern muss.

Pater Anselm, ist die Kirche angesichts der vielen Skandale und vielen Kirchenaustritte ein Auslaufmodell?

Anselm Grün: Dieser Begriff ist öfter mal nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachten verwendet worden. Für mich ist die Kirche kein Auslaufmodell. Natürlich muss die Kirche sich wandeln, weg kommen von diesem Moralisierenden. Stattdessen sollte sie auf die Menschen, auf ihre Sehnsüchte hören und reagieren.

Sie schreiben, es müsse Schluss mit der heiligen und frommen Kirche sein. Was meinen Sie damit?

Anselm Grün: Im Credo heißt es: "Ich glaube an die heilige, katholische Kirche". Aber sie ist nicht heilig und perfekt, sondern sie ist eine Kirche der Sünder. Sie braucht Demut. Sie darf nicht als Moralapostelin auftreten und selber dann nicht leben, was sie verkündet. Das macht die Menschen ärgerlich. Deshalb muss sie ihre Kompetenz in der Spiritualität sehen und ihre Botschaft verkünden. Die Menschen hungern ja nach guten Worten, nach Worten, die sie aufrichten.

Ein wichtiger Punkt in Ihrem Buch ist der Umgang mit Macht. Was macht sie problematisch?

Anselm Grün: Macht an sich ist nichts Schlechtes. Macht heißt ja immer, etwas bewältigen können, etwas bewirken können. Aber Macht ist eine Versuchung und immer dann gefährlich, wenn sie die innere Leere und den inneren Mangel an Selbstwert ausgleichen soll. Dann wird sie unberechenbar und verletzend. Beim Priesterberuf besteht die Gefahr, dass Männer angezogen werden, die wenig Selbstvertrauen haben und dann durch die Rolle des Priesters ihren Mangel an Selbstwertgefühl ausgleichen.

Was kann man dagegen tun?

Anselm Grün: Bei der Ausbildung der Priester muss ein gesundes Selbstvertrauen, eine innere Stärke, eine ehrliche Selbsterkenntnis gelehrt und erreicht werden. Und man muss genau hinschauen: Wo benutzen junge Männern die Priesterrolle, um ihren Mangel auszugleichen?

Warum nun dieses Buch zu dieser Zeit?

Anselm Grün: Ich will einen neuen Blick auf die Stärken der Kirchen richten. Aber ich will auch dafür werben, dass wir als Kirche demütiger werden. Wir können nicht mehr große Worte machen, sondern wir müssen genau hinhören. Dann können wir überlegen, wie wir die Botschaft verkünden - und nicht so wie in der letzten Zeit, wo wir große pastorale Modelle entwickelt haben, aber das alles an den Bedürfnissen der Menschen vorbei.

Stichwort Veränderungen: Es wird gerade viel über Reformen diskutiert. Was muss sich aus Ihrer Sicht am dringendsten ändern?

Anselm Grün: Eine wichtige Frage ist der Zugang zum Priesteramt: Der Zölibat muss freigestellt werden. Auch die Offenheit des Amtes für Frauen muss es geben, auch wenn es nicht schnell gehen wird. Ich wünsche mir aber, dass es ernsthaft angestrebt wird. Wichtig wäre auch mehr Fantasie, wenn es um andere Formen von Kirche geht, etwa in Familienkreisen, kleinen Gruppen oder Hauskreisen. Das muss unterstützt werden.

Was hält Sie persönlich noch in der Kirche?

Anselm Grün: Sicher ist es der spirituelle Reichtum in der Liturgie, die Sakramente, aber auch die ganze Spiritualität, ob es die benediktinische ist oder die franziskanische. Die Kirchen- oder die Wüstenväter zeigen so viel Weisheit. Auch den Reichtum der mystischen Tradition möchte ich auf keinen Fall missen.

Wofür braucht es die Kirche noch?

Anselm Grün: Natürlich ist Glaube auch etwas Persönliches. Man kann selbstverständlich allein glauben. Aber wir werden doch auch beeinflusst von der Gemeinschaft. Deswegen ist Kirche eine Stütze, den Glauben zu stärken und ihn gemeinsam zu feiern. Jesus hat nicht umsonst Jünger um sich geschart. Zusammen feiern sie das Passah-Mahl, gemeinsam sind sie in den Tempel gegangen. (Interview: Christian Wölfel/kna)

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