Christmette und Osternacht

Nacht und Dunkelheit im Christentum

In Nächten passiert im Juden- und Christentum eine ganze Menge. In der katholische Kirche etwa spielen sich die liturgischen Höhepunkte des Jahres bei Dunkelheit ab.

Osternacht im Münchner Liebfrauendom © Kiderle

Dies ist die Nacht, die unsere Väter, die Söhne Israels, aus Ägypten befreit und auf trockenem Pfad durch die Fluten des Roten Meeres geführt hat … Dies ist die selige Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg.“ Schon diese Sätze aus dem Exsultet, dem Osterlob der Osternacht, machen deutlich: In Nächten passiert im Juden- und Christentum eine ganze Menge – oder, um es mit den Worten eines Film-Schlagers aus den 1930er Jahren zu sagen: „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da.“

Überhaupt nicht zum Schlafen da war ursprünglich die Nacht, die noch heute den festlichsten und wichtigsten Gottesdienst des Jahres birgt, die Osternacht. Die Ostervigil, die „Osternachtwache“, dauerte ursprünglich tatsächlich die ganze Nacht. In der Nacht hatte Gott Israel aus Ägypten befreit: „Es war Mitternacht“ (Ex 12,29) und „die Wolke war da und Finsternis und Blitze erhellten die Nacht“ (Ex 14,20). Weil Gott in dieser Nacht über Israel gewacht hatte, hielten nun die Israeliten ihrerseits eine Festwache für ihren Gott. Wie das Volk Israel das Gedächtnis an die Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens in der Nacht beging, so feiern die Christen wachend und betend den Exodus des neuen Bundes: die Befreiung aus der Knechtschaft des Todes durch den Tod und die Auferstehung Christi.

Am Ende siegen Licht und Leben

Besonders in dieser Nacht machten also die Christen wahr, was ihnen das Evangelium im Gleichnis von den Jungfrauen (Mt 25,1–13) empfiehlt: Sie wachten und warteten auf den wiederkommenden Herrn und füllten die Zeit der Nachtwache mit Lesung und Gebet. Heute ist uns die Vorstellung, dass Christus tatsächlich in der Osternacht wiederkommt, eher fremd geworden. Eine Brücke zu einem Verständnis der Osternacht kann uns der heilige Augustinus bauen. Er deutet das Wachen als ein Symbol für unser ganzes Leben: „[…] diese ganze Zeit, in der dieses Zeitalter wie die Nacht vergeht, wacht die Kirche, mit den Augen des Glaubens auf die heiligen Schriften wie auf Lichter in der Nacht achtend, bis dass der Herr kommt.“ 

Auch wenn in unserem Leben manchmal Nacht und Dunkelheit herrschen: Die Osternacht lehrt uns, dass am Ende Licht und Leben siegen und „der Morgenstern erscheint, jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht: dein Sohn, unser Herr Jesus Christus, der von den Toten erstand, der den Menschen erstrahlt im österlichen Licht, der mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit.“ (Exsultet)

Christus erleuchtet die Menschen

Diese Osternacht, „Mutter aller heiligen Nachtwachen“ (Augustinus), wurde zum Vorbild nächtlicher Feiern auch an anderen Festen. Besondere Bedeutung hat heute noch die Christmette, die nächtliche Messfeier an Weihnachten. Wie die Hirten „die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte“ (Lk 2,9), so erscheint auch uns in einer der längsten Nächte des Jahres Christus als „das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet“ (Joh 1,9). 

Auch jenseits der Nachtgottesdienste zu den großen Festen unseres Kirchenjahres ist die Nacht Anlass zu Gebet und Gottesdienst. Gebetszeiten in der Nacht, die vor allem in klösterlichen Gemeinschaften üblich waren und sind, sind wie die Osternacht ein Symbol der Erwartung des Herrn, Ausdruck der Sehnsucht des Christen nach Heil und Befreiung. Größere Verbreitung haben Gebete am Beginn und am Ende der Nacht – sowohl im privaten Gebet der Christen als auch im offiziellen Gebet der Kirche, dem Stundengebet. Viele Texte dieser Liturgien bergen echte Schätze und können auch für die Spiritualität in unserer Zeit fruchtbar gemacht werden. So ist in einem Vesper-Hymnus des Ambrosius (im Gotteslob Nr. 628) das Sinken der Sonne ein Anlass der Dankbarkeit, einerseits für den „vollbrachten Tag, den deine Güte uns geschenkt“, andererseits für die bevorstehende Erholung: Gott „gewährt zur Ruhe uns die Nacht“. 

Das letzte Einschlafen

Neben dem Gedanken der gottgeschenkten Ruhe taucht im Hymnus des Ambrosius freilich auch ein anderer auf – die Nacht kann auch etwas Bedrohliches haben. Als Gegenmittel empfiehlt der Kirchenvater den Glauben: „Wenn uns die Sonne untergeht und Finsternis den Tag beschließt, kennt unser Glaube keine Nacht: Im Dunkel strahlt sein Licht uns auf.“ Noch einen Schritt weiter geht die letzte Gebetszeit des Tages, die Komplet (im Gotteslob Nr. 662–665). In ihr ist jede Nacht ein Bild für die Nacht des Todes und jedes Einschlafen ein Bild für das letzte Entschlafen. Mit dem Schlusssegen der Komplet erbitten sich die Betenden daher „eine ruhige Nacht und ein gutes Ende“. Sich im Angesicht des Schlafes und der kommenden Nacht an den eigenen Tod zu erinnern, mag uns heute befremdlich erscheinen. Wer aber regelmäßig so seinen Tag beendet, in dem mag die Zuversicht wachsen, dass er auch im Angesicht der letzten Nacht mit den Worten Jesu sprechen kann: „Herr, auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben.“ (vgl. Ps 31,6; Lk 23,46) (Pater Christian Rentsch OSA)

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