Träume

Kommunizieren wir im Schlaf mit Gott?

Sie sind schon immer ein Mysterium der menschlichen Existenz: Träume. Schwester Veronika Hornung, Schlehdorfer Missionsdominikanerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, erläutert, wie sich Träume deuten lassen.

In Träumen meldet sich oft das Tiefenbewusstsein © Jorm S - stock.adobe.com

mk online: Seit wann beschäftigen Sie sich mit Träumen?

Schwester Veronika: Schon seit sehr langer Zeit. Ich bin mit 26 Jahren nach Bolivien gegangen. Dort hatte ich in den ersten Jahren einen Traum, der sich in verschiedenen Variationen immer wiederholt hat. Das hat mich neugierig gemacht, was Träume bedeuten.

Was war das für ein Traum?

Schwester Veronika: In diesem Traum ist mir eingefallen: „Ach, heute Abend sehe ich ja meine beste Freundin“, die in Deutschland war. Am Anfang habe ich gedacht: „Denkt sie vielleicht sehr an mich oder denke ich sehr an sie?“ Plötzlich war mir dann klar, dass mich der Traum darauf hinweisen will, dass mein bester Freund Gott ist und dass er jeden Abend auf mich wartet.

Sind Träume also eine Form der Kommunikation mit Gott?

Schwester Veronika: Im Traum verarbeiten wir alles, was uns bewegt und geschieht, worüber wir uns sorgen und freuen, aber auch unser Tiefenbewusstsein möchte uns auf etwas hinweisen. Gott kann sich allem bedienen. Er kann zu uns durch Träume sprechen, durch einen anderen Menschen oder durch die simpelsten, banalsten Alltagsdinge. Ich finde es wichtig, das man Träume nicht als absolute Handlungsanleitungen sieht, sondern auch daran arbeitet, zum Beispiel in einer geistlichen Begleitung. Ein Traum kann ein Weg sein, um Gott näherzukommen, um im Alltag hellhöriger für ihn zu werden. Träume waren auch in der Bibel schon wichtig. Und viele Heilige hatten Bekehrungs- oder Berufungsträume, zum Beispiel hat Franziskus geträumt, er soll die Kirche wieder aufbauen. Wir stehen also in einer guten Tradition, wenn wir uns mit Träumen befassen.

Was kann helfen, sich an Träume zu erinnern und sie aus einer religiösen Perspektive heraus zu deuten?

Schwester Veronika: Wenn man in der Nacht nach einem Traum aufwacht, hat man diesen präsenter. Dann kann man sich dazu auf einem Blatt Papier, das man sich auf dem Nachttisch zurechtgelegt hat, einen Stichpunkt notieren. In der Früh kommt dann vielleicht einiges wieder. Und man kann sich vornehmen: Heute Nacht möchte ich mich ganz bewusst an meine Träume erinnern. Das funktioniert oft auch. Wenn ich mich an etwas erinnere, kann ich es erst mal für mich aufschreiben oder anderen davon erzählen, dann verarbeite ich es auch für mich. Oder ich kann Träume kreativ verarbeiten, indem ich male oder in Ton modelliere, was ich im Traum gesehen habe. Man kann assoziieren: Was kommt mir dazu? Was fällt mir ein zu den verschiedenen Symbolen im Traum? Wenn ich zum Beispiel von roten Schuhen träume: Rot ist im Allgemeinen die Farbe für Gefahr, Leben oder Liebe. Schuhe haben etwas mit Gehen zu tun, mit Unterwegssein. Ein Traum hat eine Objekt- und eine Subjektdimension. Die Personen, die in einem Traum vorkommen, stehen entweder für meine Beziehungen zu diesen Personen oder für etwas in mir selber. Eine Methode ist auch, mit den Traumgestalten – das können auch Tiere sein – ins Gespräch zu kommen. Dann entwickeln sich oft interessante Dialoge. Dann gibt es noch den kausalen und den finalen Blick auf einen Traum. Der kausale Blick zeigt mir, woher ich komme, was in meinem Leben geschehen ist, welche Probleme es gegeben hat. Der finale Blick besagt: Wohin soll es eigentlich gehen? Wohin will mein Tiefenbewusstsein mich rufen? Das ist oft der wichtigere Blick, denn an meiner Geschichte kann ich nicht viel ändern.

Genügt es, wenn ich mich allein mit meinen Träumen befasse, oder brauche ich dazu einen Therapeuten oder einen geistlichen Begleiter?

Schwester Veronika: An und für sich kann ich das alleine. Es gibt Workshops, wie ich einen angeboten habe, und Traumbücher, zum Beispiel „Träume auf dem geistlichen Weg“ von Anselm Grün oder „Jeder Traum hat seinen Sinn“ von dem Logo- therapeuten Wilhelm Freund. Aber bevor ich aufgrund eines Traums ei- ne Entscheidung treffe, wäre es schon wichtig, dass ich mit jemandem darüber spreche. Es ist gut, wenn ich die Botschaft, die ich aus einem Traum ziehe, mit der Wirklichkeit konfrontiere und als Christ auch mit dem Wort Gottes: Was sagt mir mein Glaube dazu? Was würde Jesus dazu sagen?

Besteht die Gefahr, dass ich Träume missverstehe?

Schwester Veronika: Sicherlich, weil Träume wie Märchen eine Symbolsprache verwenden. Was ein Traumsymbol bedeutet, kann nur der Träumer selbst entdecken. Bis jemand darauf kommt, ist einiges an Arbeit nötig. Traum-Wörterbücher sind deshalb nicht sehr sinnvoll. Wenn ein Hunde-Liebhaber von einem Hund träumt, hat das eine andere Bedeutung wie bei jemandem, der Angst vor Hunden hat.

Gibt es trotzdem häufige Träume, denen man eine bestimmte Bedeutung zuordnen kann, etwa wenn im Traum jemand stirbt oder man jemanden ermordet? 

Schwester Veronika: Das darf man nicht buchstäblich nehmen, dass ich Mordgelüste habe oder dass dieser Mensch bald sterben wird, sondern vielleicht muss ein Aspekt dieses Menschen in mir sterben oder vielleicht muss ich das loslassen oder vielleicht habe ich so eine Wut auf diesen Menschen oder auf diesen Aspekt in mir selber. Oder der Traum ist eine Warnung, dass ich zu sehr die negativen und zu wenig die positiven Seiten an jemandem sehe. Es gibt ja auch Träume, in denen ich mich selber im Sarg sehe. Sie bedeuten vielleicht, dass ein Aspekt in mir oder ein Lebensabschnitt zu Ende geht. Genauso mit Geburt: Ich habe schon öfters geträumt, dass ich schwanger bin oder dass ich ein Kind zur Welt gebracht habe. Das ist ein Hinweis, dass etwas Neues am Entstehen ist, ein neuer Aspekt in meinem Leben.

(Das Interview erschien erstmals in der Münchner Kirchenzeitung vom 17. März 2019)

Die Autorin
Karin Hammermaier
Münchner Kirchenzeitung
k.hammermaier@michaelsbund.de

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