Meinung
Konsequenzen aus dem Missbrauchsgutachten

Jesuitenpater Batlogg: Nur eine jesuanische Kirche ist glaubwürdig

Das Münchner Gutachten hat für Erschütterung gesorgt. Dabei waren die Ergebnisse nicht überraschend. Der Jesuitenpater Andreas Batlogg bescheinigt Kardinal Marx eine glaubhafte Veränderung im Umgang mit dem Thema.

Jesuitenpater Andreas Batlogg © privat

„Die Wahrheit ist konkret“, meinte Bert Brecht. Verantwortung auch. Kardinal Reinhard Marx nahm das ernst, als er vor einigen Monaten dem Papst seinen Rücktritt als Erzbischof von München und Freising anbot. Der lehnte bekanntlich ab. Franziskus setzt auf Marx.

Bei der Präsentation des Gutachtens war er (leider) nicht dabei. Wollte er keine „Bilder“ produzieren wie seinerzeit Kardinal Woelki in Köln? Ich weiß es nicht. Der Generalvikar war da. Und die Amtschefin. Aber als es galt, das kardinalsrote, mehrteilig gebundene Gutachten in Empfang zu nehmen, schob Klingan die Amtschefin vor. Für mich eine (typische) klerikale Fehlleistung. Wie war’s gemeint?

Die Kirche hat sich selbst geschützt

Das Gutachten offenbart ein dunkles, verschwiegenes Kapitel der Bistumsgeschichte. Im Mittelpunkt stand bei Faulhaber, Wendel, Döpfner, Ratzinger, Wetter und Marx fast immer der Umgang mit Tätern: Nur ja keine Öffentlichkeit, alles geheim halten, „diskret“ abwickeln, abstreiten, klein- und schönreden, relativieren. Vertuschung pur. Auf Kosten der Betroffenen! Immer ging es zuerst ums Image der Kirche. „Heilig“ und „makellos“ sollte sie dastehen. Da brechen nun Kirchenbilder zusammen!

Die Journalistin Christiane Florin („Deutschlandfunk“) schuf einen Wortdrachen: „Verantwortungsverdunstungsbetriebsanleitung“. Gleichgültigkeit, chronisches Desinteresse, eiskalter Pragmatismus gegenüber Betroffenen: Erschreckend! Es war ein Multi-Systemversagen. Klerikalismus, Korpsgeist, Institutionenschutz: Das System schützte sich selbst.

Kardinal Marx sieht Fehler ein

Niemand schaut gern in den Abgrund. Und die wenigsten werden gern mit einer „Bilanz des Schreckens“ konfrontiert. Marx tut es. Jedenfalls seit 2018. Vorher hat er lieber delegiert. Das „leidige Thema“ war gerade nicht „Chefsache“. Diesen Fehler sieht er ein. Seine Wahrnehmung von Kirche hat sich verändert. Ich nehme ihm das ab. Es war ein Lernprozess. Wie bei Papst Franziskus.

Die Ursache von Missbrauch liegt im System

Die alles beherrschende Frage ist für mich: Wie gehe ich heute mit Fehlern der Vergangenheit um? Betroffenen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen heißt nicht nur, über Entschädigungen nachzudenken. Sie überhaupt wahrnehmen: Selbst das ist ja vielen nicht möglich, die ironisierend darauf verweisen, Missbrauch gebe es überall. Ist die „moralische Fallhöhe“ in der Kirche nicht eine andere als in einem Sportclub oder einem Gesangsverein?

Systembedingte Ursachen, Macht-, sexuellen und geistlichen Missbrauch, vielleicht sogar fördernde Faktoren müssen angeschaut und angegangen werden. Wer es immer noch nicht kapiert hat, dass es bei Missbrauch nicht nur um individuelles Versagen geht, sollte endlich aufwachen. Machtkontrolle, Gewaltenteilung: Themen des Synodalen Weges, der ausgebremst wurde und jetzt coronabedingt schwächelt.

„Überführt“: Benedikt XVI. steht als Lügner da. Er flüchtete sich in kirchenrechtliche Subtilitäten. Und löste damit Empörung aus. Er wird sich erneut erklären und verhalten müssen (schlecht beraten, wie er – wenn überhaupt – war). Tragisch für einen bald 95-Jährigen. Er muss sich auch entschuldigen. Wer sich jetzt „schützend“ vor ihn stellt, brüskiert erneut diejenigen, die der Kirche und ihren Vertretern einmal vertraut haben oder wieder vertrauen lernen (wollen), obwohl ihr Leid unbeachtet blieb.

Aufarbeitung und Prävention

Schock und Scham, bischöfliche Wuterklärungen: Die Öffentlichkeit kann es nicht mehr hören. Ja, die Kirche steht vor einer „Zeitenwende“. Abgeben muss sie die Kontrolle über die Aufarbeitung. Wahrheitskommissionen gibt es hierzulande nicht. Aufarbeitung ist das eine. Prävention das andere. Vieles kann optimiert werden. Heilung und Versöhnung lasen sich nicht anbefehlen oder „organisieren“.

Gleichzeitig müssen wir uns innerkirchlich vor „Insolvenzrhetorik“ (Annette Schavan) hüten. Nur eine jesuanische Kirche ist eine glaubwürdige Kirche. Sonst verdunstet ihre Botschaft im Weihrauch ihrer Rituale: Sie kreist um sich selbst. Und ist „krank“, wie ein gewisser Kardinal Jorge Mario Bergoglio im März 2013 im Vorkonklave meinte. Das Evangelium zählt. Nichts sonst. (Pater Andreas Batlogg SJ, Seelsorger an der Jesuitenkirche St. Michael in München)

Münchner Kirchenradio

Live
Malteser Momente/Treffpunkt KAB/ Reisewarnung
Mail ins Studio
Einfach Leben
Mail ins Studio
Innehalten mit dem MKR
Mail ins Studio
Vatican-News
Mail ins Studio
Grenzenlos - Das Reisemagazin
Mail ins Studio
Malteser Momente/Treffpunkt KAB/ Reisewarnung
Mail ins Studio
Vatican-News
Mail ins Studio
Innehalten mit dem MKR
Mail ins Studio
MKR – das Magazin
Mail ins Studio
Gottesdienst
Mail ins Studio
Kita-Radio
Mail ins Studio
Malteser Momente/Treffpunkt KAB/ Reisewarnung
Mail ins Studio
Innehalten mit dem MKR
Mail ins Studio
Vatican-News
Mail ins Studio
Einfach Leben
Mail ins Studio