Finanzen im Erzbistum München und Freising

Einnahmen bei der Kirchensteuer bleiben stabil

Die Erzdiözese hat ihren Jahresabschluss 2021 und den Haushalt 2022 vorgestellt. Bei der traditionellen Finanzpressekonferenz standen zudem die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und die ergriffenen Präventionsmaßnahmen im Fokus.

Stellten den Finanzbericht vor: Generalvikar Christoph Klingan (v.l.), Amtschefin Stephanie Herrmann und Finanzdirektor Markus Reif. © Kiderle

München – Auch 2021 war, wie bereits das Jahr zuvor, „stark von der Corona-Pandemie und allen ihren Folgen geprägt“. Diese Feststellung stellte Stephanie Herrmann, Amtschefin des Erzbischöflichen Ordinariats München, quasi als Überschrift über die Präsentation des Jahresabschlusses 2021 und des Haushalts 2022 im Münchner Karmelitersaal. Neben den Auswirkungen der Pandemie und seit diesem Jahr auch des Kriegs in der Ukraine blieben „die gesellschaftlichen Veränderungen, die demographische und die wirtschaftliche Entwicklung“ nicht ohne Folgen für das kirchliche Leben, spürbar „etwa bei den Veränderungen im Personalbereich durch steigende Renteneintrittszahlen, während frei werdende Stellen schwieriger zu besetzen sind“, oder im Baubereich, mit „massiven Kostensteigerungen im Bauunterhalt“ und einem zugleich erheblichen Sanierungsbedarf.

Nicht zuletzt führten die demographische Entwicklung und die zunehmende Zahl von Kirchenaustritten zu weniger Kirchenmitgliedern. „Auch wenn die Einnahmen im vergangenen Jahr noch nicht in dem Maß zurückgegangen sind, wie wir es erwartet haben, müssen und wollen wir uns mit den veränderten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die ja deutlich wahrnehmbar sind, auseinandersetzen“, unterstrich Herrmann in ihrem Statement.

In der aktuell von Finanzdirektor Markus Reif vorgelegten Bilanz beläuft sich die Bilanzsumme auf 3,75 Milliarden Euro, sie hat sich zum 31. Dezember 2021 gegenüber dem Vorjahr um 30 Millionen Euro erhöht. Den Löwenanteil am verbuchten Vermögen haben mit 1,1 Milliarden Euro die bebauten und unbebauten Grundstücke der Erzdiözese. Des Weiteren sind im Jahresabschluss Finanzanlagen in Höhe von 1,39 Milliarden Euro abgebildet. Sie haben in 2021 um 50,1 Millionen Euro abgenommen.

Personalkosten als größter Posten

Aus den Erträgen des Erzbistums von rund 884 Millionen Euro (Vorjahr 864 Millionen Euro) wurden Aufwendungen in einer Höhe von 871 Millionen Euro finanziert (Vorjahr 839 Millionen Euro). Größter Posten bleiben die Personalaufwendungen mit einer Summe von 335 Millionen Euro. „Seelsorge und Bildung sind personalintensive Bereiche“, wird dazu trocken vermerkt. Auch ein Großteil der regulären Haushaltszuschüsse an Kirchenstiftungen in Höhe von 120 Millionen Euro (Vorjahr: 117 Millionen Euro) dienen der Deckung von Personalkosten. Das Jahresergebnis der Erzdiözese betrug im Jahr 2021 rund 17 Millionen Euro (Vorjahr: 33 Millionen Euro). Das Bilanzergebnis ist wie im Vorjahr ausgeglichen.

Für 2022 plant die Erzdiözese mit Erträgen in Höhe von 818 Millionen Euro, die niedriger sein werden als die geplanten Aufwendungen in Höhe von 857 Millionen Euro. Bei der Kirchensteuer kalkuliert die Münchner Finanzkammer 2022 nur noch mit rund 623 Millionen Euro, das wären 24 Millionen weniger als 2021. Größter Aufwandsposten bleiben auch im laufenden Haushaltsjahr mit insgesamt 349 Millionen Euro die Personalaufwendungen. Zweitgrößter Posten sind die gewährten Zuschüsse mit 323 Millionen Euro.

Bauprojekte für die Zukunft

Ein großer Anteil der Investitionsausgaben (27 Prozent) fließt zudem in Baumaßnahmen, wie dem mehr als 100-seitigen Bericht mit dem schönen Titel „Engagiert für die Menschen – im Auftrag Jesu Christi“ zu entnehmen ist. „Eine Voraussetzung für das Gelingen der Aktivitäten in den Bereichen Bildung und Seelsorge ist das Vorhandensein von geeigneten Räumlichkeiten“, heißt es zur Begründung. Zu den Bauprojekten mit dem größten finanziellen „Mittelabflussvolumen“ im Jahr 2022 gehören folgende Vorhaben: Sanierung des ehemaligen Ursulinenklosters in Landshut (10,3 Millionen Euro), Umbaumaßnahmen im Kloster Beuerberg (10,1 Millionen Euro), Umgestaltung des Diözesanmuseums auf dem Freisinger Domberg (9,1 Millionen Euro), Neubau der Franziskus-Grundschule auf dem kirchlichen Gelände im Münchner Stadtteil Haidhausen (7,6 Millionen Euro) und der Neubau eines Mietwohnhauses in der Hiltenspergerstraße in der Münchner Maxvorstadt (6,3 Millionen Euro).

Herrmann erklärte, die Erzdiözese habe bereits im Herbst 2020 unter der Leitung von Generalvikar Christoph Klingan einen Gesamtstrategieprozess gestartet, „um sich bewusst und aktiv den aktuellen Herausforderungen zu stellen und zu überlegen, wie wir vor dem Hintergrund absehbar merklich zurückgehender personeller und materieller Ressourcen unseren kirchlichen Auftrag auch in Zukunft wirksam erfüllen können“. Der Prozess sei im Dezember 2021 erfolgreich abgeschlossen und ein entsprechendes Zielbild in Kraft gesetzt worden (wir berichteten).
Demnach seien kirchliche Angebote in der Fläche für eine zeitgemäße Verkündigung neu zu ordnen und die Kirche müsse so gestaltet sein, dass sie nahe bei den Menschen ist. Innovationen seien entscheidend für die Zukunft der Kirche, ebenso das Ehrenamt, das wirksam in das kirchliche Handeln einzubinden sei. Schließlich müssten Ressourcen nachhaltig im ökologischen, sozialen und ökonomischen Sinn eingesetzt und die Baulast reduziert werden.

Eine erste konkrete Umsetzung findet dieses Zielbild in verschiedenen Projekten, wie Amtschefin Herrmann erläuterte, etwa zur Wirksamkeit in der Pastoral, in einer aus den pastoralen Bedarfen heraus entwickelten Immobilienstrategie oder in der wirkungsorientierten Haushaltsplanung 2023. Es gehe darum, „das Handeln der Erzdiözese insgesamt noch wirkungsvoller“ auszurichten, erklärte Herrmann und betonte: „Das ist ein anspruchsvoller Prozess, aber wir sind optimistisch, dass es so gelingen kann, dass wir uns als Erzdiözese in herausfordernden Zeiten zukunftsfähig aufstellen.“

Aufarbeitung und Prävention

Den zweiten Teil der Pressekonferenz leitete Generalvikar Klingan ein: Mit Blick auf das von der Erzdiözese in Auftrag gegebene und am 20. Januar dieses Jahres vorgestellte neue externe Gutachten zu sexuellem Missbrauch und auf weitere Schritte der Aufarbeitung betonte er, die Erzdiözese stelle sich ihrer Verantwortung. Man gehe „diesen Weg der schonungslosen Offenlegung des Geschehenen“, „um notwendige Veränderungen voranzutreiben“.

Auch wenn das Thema die gesamte Gesellschaft betreffe, sehe man sich als Kirche „natürlich in besonderer Verantwortung, das Geschehene aufzuarbeiten, Transparenz zu schaffen, uns den Opfern zuzuwenden und nicht zuletzt alles zu tun, damit Missbrauch in der Kirche heute und in Zukunft bestmöglich verhindert werden kann“, so Generalvikar Klingan.

In seinem Statement unterstrich er, dass sich die Erzdiözese dieser Verantwortung „nicht erst seit dem Januar 2022, sondern auch bereits in den vergangenen Jahren“, stelle, „obgleich es sicher stets noch Optimierungspotential gibt, wir sind da in einem Prozess“. Als wesentliche Schritte nannte er die Einrichtung des Betroffenenbeirats und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Jahr 2021. Auch sei die Zahl der unabhängigen Ansprechpersonen, die allen Hinweisen auf sexuellen Missbrauch nachgehen, auf drei erhöht worden, so dass hierfür nun ein Jurist, eine Psychologin und eine Sozialpädagogin als Ansprechpersonen zur Verfügung stehen.

Mit Veröffentlichung des neuen Gutachtens habe zudem eine telefonische Anlauf- und Beratungsstelle für Betroffene ihre Arbeit aufgenommen. „Die Anlauf- und Beratungsstelle wird als dauerhaftes Angebot fortgeführt – auch für Ehrenamtliche, Angehörige und andere. Es konnten, was eine Ausnahme ist, zusätzliche Personalstellen geschaffen werden, zwei Psychologinnen und eine Verwaltungskraft arbeiten seit 1. Juli bei dieser Stelle“, so Klingan. Zusätzlich bestehe die Möglichkeit, dass sich Betroffene an eine der nichtkirchlichen Fachberatungsstellen wenden, mit denen die Erzdiözese entsprechende Kooperationsverträge habe.

Auf Vorschlag aus dem Betroffenenbeirat, die seelsorgerische Begleitung für Betroffene zu intensivieren, ist derzeit eine neue Stabsstelle „Seelsorge und Beratung für Betroffene von Missbrauch und Gewalt in der Erzdiözese München und Freising“ im Aufbau. Die Stabsstelle, die, um ihre Bedeutung zu unterstreichen und kurze Entscheidungswege sicherzustellen, direkt beim Generalvikar angesiedelt ist, soll das Angebot der Anlauf- und Beratungsstelle ausweiten und verstetigen und wesentlich dazu beitragen, dass Betroffene an einer Stelle direkt, niedrigschwellig, schnell und unkompliziert entsprechend ihren Bedürfnissen Rat und Hilfestellung erhalten.

Man habe für all diese Maßnahmen und Neuerungen seit dem 20. Januar dieses Jahres eine „nicht unerhebliche Summe in die Hand genommen“, erklärte der Generalvikar auf Nachfrage. Vor allem die Prävention sei neben der Unterstützung für Betroffene aber „eine für uns ganz zentrale Aufgabe mit Blick auf Gegenwart und Zukunft“, so Klingan. Hier seien bereits in den vergangenen Jahren viele Werkzeuge entwickelt worden, „die Präventionsarbeit der Erzdiözese genießt hohe Anerkennung, im Gutachten wurde sie positiv hervorgehoben und auch über den kirchlichen Bereich hinaus wird die Expertise hier angefragt“. Gemeinsam mit dem Kinderschutzzentrum der Universität Gregoriana in Rom sei etwa ein E-Learning-Programm entwickelt worden, das für alle Priester und pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichtend sei.

Helfen und Schützen

Die entscheidenden Anliegen der Erzdiözese hinsichtlich der Unterstützung von Betroffenen und der Prävention von sexuellem Missbrauch fasste Generalvikar Klingan mit den Worten „Helfen und Schützen“ zusammen: „Helfen: den Menschen, denen in ihrer Kindheit und Jugend im kirchlichen Bereich durch Mitarbeitende der Kirche Schreckliches widerfahren ist. Sie sollen die Unterstützung erhalten, die sie brauchen. Und Schützen: Das heißt, alles tun, damit die kirchlichen Einrichtungen im Erzbistum München und Freising Orte sind und bleiben, an denen Kinder und Jugendliche geschützt sind und bereichernde, positive Erfahrungen für ihren Lebensweg machen.“

Elisabeth Dreyßig von der Anlauf- und Beratungsstelle für Betroffene von sexuellem Missbrauch sowie Lisa Dolatschko-Ajjur, Leiterin der Stabsstelle Prävention von sexuellem Missbrauch, berichteten anschließend über ihre Arbeit, über die Unterstützungsangebote der Erzdiözese für Betroffene sowie die vielfältigen Maßnahmen der Erzdiözese, um Missbrauch so weit als möglich zu verhindern.

Dreyßig gehörte zu jenem Team aus vier langjährig erfahrenen Psychologinnen und Psychologen, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die am Tag der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens ihre Arbeit aufnahmen. „Wir hatten keine Ahnung, was uns erwartet.“ Unter der Telefonnummer 089/2137-77000 waren bis zum 1. Juli insgesamt 223 Anrufe zu verzeichnen. „Zuhören, zuhören und nochmals zuhören, den Anrufer ernst nehmen und ihm mit größtem Respekt und Sorgfalt begegnen“, umschreibt Dreyßig ihre vornehmliche Aufgabe. Das Spektrum der Anrufe reiche von wüsten Beschimpfungen über erschütternde Berichte über Missbrauch, Klagen und Tränen über zerbrochene Lebensentwürfe, lebenslange Traumata bis hin zu Dankbezeugungen, dass nun nichts mehr unter dem Teppich gekehrt werde. Oft kamen Dreyßig und ihre Kollegen/-innen bei den mitunter stundenlangen Gesprächen an ihre eigenen Belastungsgrenzen.

Dolatschko-Ajjur erklärte, dass vor allem das verpflichtende E-Learning-Programm fachlich höchst anerkannt sei. 90 Prozent der pastoral Mitarbeitenden der Erzdiözese hätten es bereits durchlaufen. Anfängliche Skepsis konnte durch die flankierenden Präsenzveranstaltungen, Lernbegleiter und vor allem auch die Verwendung von ungeschönten Originalzitaten und Videos von Berichten Betroffener schnell überwunden werden. (Florian Ertl)

Münchner Kirchenradio

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