mk online: „Meditation zum Jahresabschluss“, „Diese Listen helfen dir“, ... – wer online nach Möglichkeiten für einen persönlichen Jahresrückblick sucht, wird sehr schnell fündig. Was halten Sie davon?
Florian Wiedemann: Ob man so viel mediale Unterstützungen braucht, weiß ich nicht. Aber es sind Anregungen. Und im Prinzip ist es ja sinnvoll, zu bestimmten Zeiten im Jahr – oder auch mehrmals – innezuhalten. Das Jahresende bietet sich dafür einfach an. Offensichtlich ist gerade da das Bedürfnis nach einem Rückblick besonders groß.
Warum?
Wiedemann: Weil es in unserer Kultur ein natürlicher kalendarischer Zeitpunkt ist. Ein Jahr schließt ab, ein neues beginnt – das ist die Einladung schlechthin, zurückzublicken und nach vorne zu schauen. Hinzu kommt die Weihnachtszeit, die ja doch dunkel, ruhig und still ist. Der Name „besinnliche Zeit“ sagt es ja schon: Man besinnt sich auf das, was einem gerade wichtig ist.
Warum ist so ein Rückblick, so eine Besinnung sinnvoll?
Wiedemann: Wir sind so schnell im Alltag gefangen und tun die Dinge einfach nur, weil wir sie tun. Und weil sie halt auf uns zukommen. Da ist es hilfreich, immer wieder innezuhalten und zu schauen, was ich gerade mache und ob ich das so überhaupt tun möchte. Aber: Das wäre häufiger als nur einmal im Jahr sinnvoll. Ein Jahr ist schließlich lang.
Welches Ziel verfolgt eine Reflexion am Jahresende?
Wiedemann: Es ist sehr wertvoll, vor allem auf Dinge zu schauen, die gelungen sind und auf die man stolz ist. Häufig blickt man in der Rückschau auf Dinge, die man sich im Jahr davor vorgenommen und dann doch nicht umgesetzt hat. Also ruhig auch auf kleine Erfolge und freudige Ereignisse schauen. Aber ich würde das, wie gesagt, gar nicht auf ein ganzes Jahr beziehen. Sondern eher auf einige Tage oder Wochen.