Kirche und sexuelle Orientierung

20 Jahre queerGottesdienste in München

Am Jubiläumsgottesdienst nimmt Kardinal Reinhard Marx teil. Für Initiator und Pastoralreferent Gerhard Wachinger ist das ein starkes Zeichen für die Akzeptanz queerer Menschen in der Kirche.

Von Anfang an engagierte sich Pastoralreferent Gerhard Wachinger für queerGottesdienste in München. © SMB/Ertl

Starkes Zeichen der Anerkennung? Große Geste? Quantensprung? Mit welchen Worten oder welchem Superlativ soll man es umschreiben, dass ein Kardinal und Erzbischof – ganz offiziell – zum 20-jährigen Bestehen der „queerGottesdienste“ in München geht und gemeinsam mit schwulen, lesbischen, Bi-, Trans- und Inter-Menschen in diesem Rahmen und unter dieser Gottesdienst-Bezeichnung Eucharistie feiern wird?

Teilnahme des Kardinals als deutliches Signal

Wenn Kardinal Reinhard Marx genau dies am Sonntag, 13. März, um 18.30 Uhr in der Münchner Paulskirche an der Theresienwiese tun wird, dann geht für Gerhard Wachinger ein Traum in Erfüllung: „Es ist einfach unbeschreiblich, was dies für uns bedeutet“, sagt er und die innere Bewegung des 55-jährigen Pastoralreferenten ist deutlich zu spüren. „Wir haben uns immer danach gesehnt, dass es einmal soweit sein wird. Wir haben, ungelogen, darum auch gebetet“, sinniert er. „Und noch vor wenigen Monaten, als wir das Gefühl hatten, dass die Zeit reif ist, den Kardinal hierfür anzufragen, waren wir nicht sicher, ob er auch zusagen wird. Umso mehr haben wir uns über seine Zusagen gefreut.“

Für Wachinger wird dieser Abendgottesdienst das deutliche Signal aussenden, dass „Lesben, Schwule und Queers in der Kirche willkommen sind und dass das Gegeneinander von Kirche und queerer Welt nicht mehr bestehen braucht. Es ist wie eine ausgestreckte Hand der Kirche. Nun liegt es tatsächlich an der Szene, diese ausgestreckte Hand auch entgegenzunehmen“. 

Anfänge des queerGottesdienst in München

Es ist zugleich eine Anerkennung seines über 20-jährigen persönlichen Einsatzes und Engagements für und in dieser Sache, die ihren Anfang im Februar 2001 nahm. Damals besuchte Wachinger eine Tagung der Katholischen Akademie in Bayern zum Thema „Eingetragene Lebenspartnerschaft“. Wachinger begegnete dabei dem Theologen Michael Brinkschröder, der über gleichgeschlechtliche Sexualität in der Religionsgeschichte promoviert hatte. Beide kamen miteinander ins Gespräch.

Wachinger hatte in Münster bereits einen queerGottesdienst besucht und war von diesem so beeindruckt gewesen, dass er diese Gottesdienstform auch in München einführen wollte. „Bei Exerzitien hatte ich mir Gewissheit hierüber verschafft. Ich spürte, dass ich das machen soll“, umschreibt er seine Motivation. In Brinkschröder fand er einen Mitstreiter.

Nach einem guten Jahr der Vorbereitung und Planungen war es so weit: Im Stephanszentrum im Münchner Stadtteil Neuperlach fand im März 2002 der erste Münchner queerGottesdienst mit über 60 Teilnehmenden statt. Bald bekam die Presse hiervon Wind, das Erzbischöfliche Ordinariat war aufgeschreckt. Doch ein Gespräch mit dem damaligen Seelsorgereferenten sorgte für Klarheit. „Wir erhielten die Erlaubnis, weiterhin diese Art von Gottesdiensten zu feiern, aber quasi unter dem Radar“, erinnert sich Wachinger. Man machte lediglich in einschlägigen Szene-Magazinen Werbung, der Name lautete unverfänglich „Abendmesse in St. Stephan“.

Monatlicher Gottesdienst in St. Paul

Sieben Jahre ging dies gut. Dann musste in Folge des Zusammenschlusses der fünf Neuperlacher Pfarreien ein Ortswechsel erfolgen. Bei den Vorbereitungsgesprächen hatte ein Ortspfarrer, der dem Neokatechumenat angehörte, erklärt, er werde keine ,Schwulengottesdienste‘ im Pfarrverband dulden“, blickt Wachinger zurück. So erfolgte die Verlegung in die Innenstadt, St. Paul war ab sofort der neue Gottesdienstraum: „Hier hat man uns mit offenen Armen empfangen. Auch der Name ,queerGottesdienst‘ war bald kein Problem mehr.“

Zwischen 30 und 50 Personen versammeln sich seit damals immer am zweiten Sonntag im Monat abends in St. Paul. Es herrscht eine entspannte, vertraut-familiäre Stimmung. Die Menschen spüren, dass sie in ihrem So-Sein hier angenommen sind, nicht diskriminiert werden „Ein gegenseitiges Outing erfolgt nicht. Wer durch sein Reden und Verhalten dies zur Sprache bringen möchte, der kann es gern tun, aber niemand wird nach seiner sexuellen Orientierung befragt“, erläutert Wachinger. Den monatlichen Gottesdienst ergänzen Angebote wie Einzelveranstaltungen, ein Glaubensgesprächskreis, eine Zeit lang existierte mit den „Queerspatzen“ sogar ein eigener Chor.

Wünsche für die Zukunft von queeren Menschen in der Kirche

Was erhofft sich Wachinger über den Jubiläumsgottesdienst hinaus für queere Menschen in der katholischen Kirche? „Dass sie mit großer Selbstverständlichkeit in der Kirche sein können – sowohl in Pfarreien, Gemeinschaften und Verbänden, aber auch im geschützten Raum, den der queerGottesdienst bietet. Und dass es in Zukunft auch außer dem Münchner queerGottesdienst im Erzbistum weitere geschützte Räume geben wird, so dass die Bereitschaft von lesbischen, schwulen und queeren Menschen geweckt und gestärkt wird, sich in der Kirche einzubringen.“

Zum Jubiläum „20 Jahre queerGottesdienst“ feiert Kardinal Reinhard Marx am Sonntag, 13. März, um 18.30 Uhr in St. Paul an der Theresienwiese die Messe. Mehr Informationen auf der Website von queerGottesdienst München.

Der Autor
Florian Ertl
Münchner Kirchenzeitung
f.ertl@michaelsbund.de

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